I) ELVIN JONES
II) LILI MARLEEN
III)
SEX PISTOLS
IV)
ROLLING
STONES ("Altamont")
V) BILL HALEY
VI)
FEHMARN-FESTIVAL
VII) DIE ERSTE DEUTSCHE TALKSHOW
VIII)
UNSER DORF SOLL SCHÖNER WERDEN
IX) DIE "CHAOSTAGE" DER PUNKER
X) CLEMENS WILMENROD - Der erste FERNSEH-KOCH
XI) "BELA LUGOSI is
dead"
XII) ALLEN GINSBERG rezitiert "HOWL"
XIII)
MEZZ
MEZZROW
XIV) ARCHIE SHEPP
XV) Der "WELTREKLAMEKONGRESS" 1929
XVI) Das Ende des legendären Hippiezentrums
"PERRY
LANE" 1963 (mit einer Mail von Ken Kesey !)
XVII) WILDFÜTTERUNG IM HARZ anno
1957
(ein früher TV-Hit)
XVIII) Die erste MAZ in der Geschichte des Fernsehens
XIX) Der FLOHWALZER
XX) Zum Plagiatsprozeß JÜRGEN
WINTER vs GARY MOORE - "Still got the Blues / Nordrach"
XXI) CANNONBALL ADDERLEY & JOE ZAWINUL -
"MERCY MERCY MERCY"
XXII) BLIXA
BARGELD kocht in ALFRED BIOLEK's "Alfredissimo" ein TINTENFISCHRISOTTO
XXIII)
CHET BAKER stirbt
XXIV POPPER sind proper !
XXV IN
DER WALPURGISNACH 1988
TREFFEN SICH IN POTSDAM DIE GRUFTIES
& GOTHICS DER DDR
XXVI IN DER DDR GEHT AM 7. MÄRZ 1986
DAS "JUGENDRADIO DT 64" AUF SENDUNG
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SWR-"ZEITWORT"
vom 9.9.97
GEBURTSTAG DES
JAZZSCHLAGZEUGERS ELVIN
JONES AM 9.SEPTEMBER 1927
(von Lutz Neitzert)
Der Schlagzeuger als tiefernster
Mensch!
Nein, das hatte es zu den Zeiten des Swing nun wirklich nicht
gegeben.
Und so wartete dann in den 50er Jahren ein oftmals wenig geneigtes und
eher befremdetes Publikum im Jazzclub allabendlich vergebens darauf,
daß
der Trommler doch endlich ein bißchen Zirkus machen würde.
Damals
waren die Musiker einer neuen Generation dabei, ihrer Musik eine neue
Atmosphäre
zu schaffen und sich dazu einen aufmerksameren Zuhörer zu
erziehen.
Und dabei spielte vor allem der Schlagzeuger eine ganz entscheidende
Rolle.
Zunächst hatte man in den 40er Jahren, im Bebop,
aufgehört,
den Grundschlag der Musik auf der großen Baßtrommel zu
spielen
und ihn stattdessen auf das Becken, ausgerechnet die leiseste Stelle
des
Instrumentes also, verlegt - um so den Tänzern ein Schnippchen zu
schlagen.
Fortan hörte der moderne Jazz zwar auf, eine populäre
Musik zu sein, doch um diesen Preis hatte man sich jene Freiräume
erobert, in denen man nun selbstverantwortlich und ohne jede
Rücksicht
auf kommerzielle Interessen experimentieren konnte.
Einer der ersten Schlagzeuger, die diese neuen Möglichkeiten
konsequent und wohldurchdacht nutzten, war ELVIN JONES.
Heute vor 70 Jahren, am 9.September 1927, in Pontiac/Michigan
geboren,
betrat er die Szene, als die Revolution bereits stattgefunden hatte und
es galt, etwas neues aufzubauen.
(Elvin Jones' Solo"aus der "Drumnight
at
Birdland")
In jungen Jahren gehörte er
zusammen mit seinen
Brüdern,
Hank & Thad Jones, zu den tonangebenden Interpreten des Jazzlebens
in Detroit - einer rührigen Szene, in der sich alle die neuen
Stars
(von Wes Montgomery über Clifford Brown bis zu Miles Davis) gerne
blicken und hören ließen.
Es war ein exklusiver Zirkel von Eingeweihten damals, und so sprach
sich sein Talent schnell herum. Er wurde zum gesuchten Begleiter
und spielte in den stilprägenden Gruppen von Charles Mingus, Sonny
Rollins und Bud Powell, ehe ihn dann 1960 der Saxophonist John Coltrane
in sein Quartett nahm.
Damit saß er nun mitten im Zentrum der musikalischen
Zeitläufte.
Daß die Wahl Coltrane's gerade auf ihn fiel, das lag
wohl auch daran, daß er zu jener Fraktion des modernen Jazz
zählte,
die zwar experimentieren wollte, dabei jedoch immer mit Bedacht zu
Werke
ging - und stets mit der Angst im Nacken, auf der Suche
nach
dem neuen zuviel über Bord zu werfen.
Viele neue Idiome wurden damals in den Jazz integriert
-
Einflüsse asiatischer und afrikanischer Musiktraditionen ebenso
wie
aus der avantgardistischen Konzertmusik.
Und für einen Schlagzeuger bedeutete dies vor allem auch,
daß das Ensemblespiel nun wichtiger wurde (und in der Gemeinde
auch
mehr Beachtung fand) als das artistische Solo.
Der Persönlichkeit und dem musikalischen Credo von Elvin Jones
entsprach diese neue Rolle in idealer Weise.
Er besaß nicht das Showtalent der alten
Bigband-Trommler
- stattdessen konzipierte und erprobte er immer komplexere
Rhythmen,
immer raffiniertere Möglichkeiten des Zusammenspiels.
Und so folgte er Coltrane über legendäre Plattenaufnahmen
(wie "My favorite Things" oder "A Love supreme") bis zu der
Schwelle,
die er dann nicht mehr bereit war, zu überschreiten.
1965 wagte sein Bandleader (mit einigen Skrupeln zwar, aber von
der Folgerichtigkeit überzeugt) den Weg in den freien, den
Free-Jazz.
Darin nun sollte der Schlagzeuger in seinem Spiel verzichten auf
das Fundament eines durchgängigen Taktes.
Die Kunst von Elvin Jones aber lebt gerade von jener Spannung,
die darin entsteht, daß man ein einfaches, gleichmäßig
voranschreitendes Zeitmaß durch überraschend dagegen
gesetzte
Akzente lebendig und vieldeutig hält.
Und er befürchtete, daß eben dieser Bezug und damit
der notwendige Orientierungsrahmen für den Musiker wie für
den
Hörer verloren gehen könnte.
Ein nicht ganz unberechtigter Vorbehalt, wie sich bald erweisen
sollte.
Für diese Überzeugung steht Elvin Jones bis heute. Und
immer wieder suchen junge Jazzmusiker die Zusammenarbeit mit ihm, um
diese
Grenze für sich auszuloten - herauszufinden, wie kompliziert eine
Musik sein darf, ohne daß man die Kontrolle über sie
verliert.
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SWR-"ZEITWORT"
vom 2.8.97
STUDIOAUFNAHME DES
LIEDES "LILI MARLEEN"
MIT DER SÄNGERIN LALE ANDERSEN AM 2.AUGUST
1939
(von Lutz Neitzert)
Anfang Zwanzig war Gardefüsilier
Leip, als er im zweiten Jahr
des
ersten Weltkriegs gen Frankreich zog.
Zwei Freundinnen hatte der junge Mann: Lili & Marlene!
Und zum Abschied, da schrieb er seinen beiden Liebsten ein kleines
Gedicht:
("LILI MARLEEN" - gesungen von Lale Andersen)
Hans Leip, ein Seemannskind aus Hamburg,
beherrschte das Genre der
trivialliterarischen
Schnulze und machte sein Talent zum Brotberuf. Als Schreiber und
Zeichner
gefühlsduseliger Landsergeschichten erlangte er zweifelhafte
Berühmtheit.
Immerhin protegiert von keinem Geringeren als Thomas Mann, und, wie
dieser,
dann später in schmerzhafter Umkehr von Tümelei und
martialischem
Pathos kuriert.
Im nächsten Krieg sollte sich sein Blick klären. Seine Texte
reflektierten nun die unromantische Kehrseite des Heldentums und sein
"Lied
vom Schutt" (niedergeschrieben nach einer verheerenden Bombennacht)
brachte
ihn auf die Fahndungsliste der Gestapo und trieb ihn in die Emigration.
Doch mehr noch als seine eigene wurde die Karriere seines Gedichtes
vom "jungen Wachtposten" zum Zerrspiegel der Zeitläufte.
1938 vertonte Norbert Schultze die fünf Strophen als
melancholische
Ballade,
gesetzt (aus erotischem Kalkül, zielgruppenorientiert und entgegen
der Logik des Textes) für eine Frauenstimme.
Schultze war einer der populärsten Komponisten der Nazijahre.
Changierend zwischen Kinder-Opern, Musiken zu
Durchhalte-Propagandafilmen
wie "Kolberg" und perfiden Kriegsliedern wie "Bomben über
Engeland"
traf er stets den Nerv der Zeit. Auch mit "Lili Marleen".
Am 2.August 1939 - heute vor 58 Jahren, und nur vier Wochen vor dem
Überfall auf Polen - ging man ins Studio.
Das Orchester Bruno Seidler-Winkler begleitete eine noch unbekannte
Sängerin mit dem klangvoll nordischen Künstlernamen Lale
Andersen
(in Wirklichkeit nannte sich die Dame, weit weniger poetisch, Liselotte
Helene Berta Bunnenberg).
Die Aufnahme sollte der erste Millionen-Seller der deutschen
Schallplattengeschichte
werden.
Und zunächst paßte die Tonlage des Liedes auch ins Konzept
der faschistischen Kulturfunktionäre:
wehmütig - aber nicht defätistisch,
sentimental - aber nicht demoralisierend.
Der herzensgute Soldat, der Pflicht gehorchend und dem Schicksal sich
fügend.
Vor allem die Radiostationen des Militärs nahmen das Lied in ihr
Programm,
und ab 1940 spielte der "Besatzungssender Belgrad" allabendlich punkt
22 Uhr als Schlußmelodie zum Zapfenstreich "Lili Marleen".
Doch nicht nur die deutschen Soldaten fanden Gefallen daran, auch in
den alliierten Truppen begann man, die schöne kleine Melodie vor
sich
hin zu pfeifen (ja, selbst Churchill, so sagte man, summe bereits
versonnen
mit).
Im Propagandaministerium jedenfalls argwöhnte man, daß Lale
Andersen's Schlager nun wohl offensichtlich nicht mehr die richtige
Wellenlänge
hatte für die Erbauung im Schützengraben.
1942 erließ Joseph Goebbels eine "Anordnung zur Neugestaltung
des Rundfunkprogramms", in der es hieß:
"Die Unterhaltung durch den deutschen Rundfunk als Entspannung und
Entlastung von (der) Front ist kriegswichtig. Darum muß dieser
Sparte
des deutschen Rundfunkprogramms eine besondere Pflege zuteil werden !"
Sofort begannen seine Beamten damit, das Repertoire nach
wehrkraftzersetzenden
Tönen und Zwischentönen zu durchforsten.
Und auf den Index geriet dabei auch "Lili Marleen".
Der Faschismus verstrickte sich in seinem eigenen verlogenen Pathos.
"Es wird drei Tage kosten..." sang Lale Andersen -
doch nun war man in der Hölle von Stalingrad.
Eben noch sollte die heimelige Ballade das Wir-Gefühl im deutschen
Volk befestigen, nun aber hatte der blutige Ernst der Realität die
Katastrophe des Nationalsozialismus offenbart, und nun rührte das
gleiche Lied plötzlich an offenen Wunden.
Übrigens wurde einen Tag vor "Lili
Marleen", am 1.August 1939,
in einem amerikanischen Plattenstudio ein anderes Stück
populärer
Musik aufgenommen, ein Stück, das zum Soundtrack der
Nachkriegsjahre
in Deutschland werden sollte: Glenn Miller's "In the Mood"!
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SWR-"ZEITWORT"
vom 6.11.97
DER ERSTE ÖFFENTLICHE AUFTRITT
DER "SEX PISTOLS" AM 6.NOVEMBER 1975
(von Lutz Neitzert)
Die Londoner "St.Martin's School of Art"
war Feindesland. Soviel
stand
fest. Und, daß ihr Auftritt ein sehr kurzer werden würde,
auch
das war allen Beteiligten von vornherein klar. Die englischen
Kunsthochschulen
waren der angestammte Aufenthaltsort von Rockgruppen wie "Genesis" oder
"Pink Floyd" und ihrer ästhetisch verwöhnten Fans. Man begann
also zu spielen - und es gefiel nicht !
Alles verlief genau so wie geplant - heute vor 22 Jahren, am 6.November
1975:
Die Punkband "SEX PISTOLS" hatte ihren ersten öffentlichen
Auftritt,
es gab Krawall und die Medien suchten (wie es ihre Pflicht ist)
Aufklärung
bei Soziologen, Musikologen & Theologen, bei Polizisten,
Politikern,
Normalbürgern & Lehrern. Schließlich stand für die
einen fest, daß mit dem Punk die unappetitlichere Seite des
Rock'n'Roll
wieder zum Vorschein gekommen war - mit all den altbekannten
Begleiterscheinungen
- Grund zur Besorgnis also.
Während die andern es eher mit dem Feuilleton der "New York Times"
hielten, das endlich neu erwachte Rebellentum begrüßten und
die Musik von Johnny Rotten und anderer Punkbands hochstilisierten zum
"Symbol der rastlosen Energie jugendlicher Subkultur, die
industrialisierte
bürgerliche Gesellschaft als heuchlerisch, selbstsüchtig und
abgeschlafft verachtet !"
Nun, wie dem auch sei.
Dramaturgisch beraten und instruiert von ihrem Manager Malcolm McLaren,
lümmelten sich die "Sex Pistols" fortan takt-, respekt- und
deodorantlos
durch diverse Talkshows und bedienten erwartungsfrohe Moderatoren mit
unflätigen
Worten vor laufender Kamera.
("ANARCHY IN THE U.K." von der LP
"FLOGGING A DEAD
HORSE")
Allerdings gab es für die
frühen Punks neben der
Sicherheitsnadel
in der backe und der Ratte auf der Schulter noch ein anderes
(wohlfeiles)
Symbol des Widerlichen: das Hakenkreuz am Arm!
Zunächst einmal war auch das Hantieren mit den Emblemen des
Faschismus
in erster Linie der Versuch, mit solch todsicheren Mitteln die
Erwachsenen
(und vor allem die Medien) zu provozieren. Ein quasi bloß
strategischer
Tabubruch, wie ihn aggressive Jugendbewegungen stets begangen haben,
und
der nun keineswegs eine entsprechende politische Orientierung
signalisieren
sollte. Ausgedrückt werden sollte damit im Grunde und im
Gegenteil:
'Ihr regt Euch auf über diesen alten Nazi-Kram, über die
längst vermoderten Teufel der Vergangenheit - aber den ganz
alltäglichen
Rassismus in unseren tagen, in unserer Gesellschaft, den wollt Ihr
nicht
sehen!'
Dann jedoch, Ende der 70er Jahre, erlebte England eine wirtschaftliche
Rezession, die nicht zuletzt viele Anhänger der "Sex Pistols" zu
spüren
bekamen. Jetzt richtete sich ihre Wut plötzlich nicht mehr nur
gegen
die große Langeweile, sondern auch gegen die Verantwortlichen
für
ihre ganz private Misere - ohne Lehrstelle, ohne Aussicht auf einen
Beruf.
Und in dieser Situation entwickelte sich aus der Punkszene heraus zum
erstenmal in der Nachkriegsgeschichte eine Jugendsubkultur am rechten
Rand
des politischen Spektrums. Viele aus der zuvor eher unpolitischen
Fraktion
der Skinheads gerieten damals in den Dunstkreis radikaler
Rechtsparteien
und Neonaziorganisationen - und die Hakenkreuze an ihren Armen waren
nun
plötzlich in der tat Ausweis einer Gesinnung.
Die Punkszene selbst jedoch blieb immer resistent gegen Agitationen
aus dieser Richtung.
Was allerdings ihre Musik anbetraf, so
mußte man machtlos
miterleben,
wie Punkrock Mode wurde. Kaum eine andere Jugendkultur wehrte sich
entschlossener
gegen eine Kommerzialisierung ihres Stils, doch gerade der Erfolg der
"Sex
Pistols" hatte gierige Blicke auf sie gelenkt. Und gerade McLaren
gefiel
sich immer mehr darin, zusammen mit der Designerin Vivienne Westwood,
seine
Band auch unter Intellektuellen salonfähig zu machen.
In der westlichen Popwelt hatte die Musikindustrie (nach einiger
Bedenkzeit
und mit spitzen Fingern zwar) den Punk letztlich in ihr Sortiment und
ihr
Management integriert.
In der östlichen Welt aber, in den Staaten des Warschauer Paktes
- in der DDR ebenso wie in der Sowjetunion, in Polen, Ungarn oder in
Jugoslawien
blieb er bis zum Untergang des real existierenden Sozialismus für
viele eine wichtige, identitätstiftende oppositionelle Kraft.
Und während gealterte "Sex Pistols" im letzten Jahr ein peinliches
Comeback versuchten, hören heute in Peking und Shanghai
Jugendliche
ihre alten Platten und warten auf ihre Chance.
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SWR-"ZEITWORT"
vom 6.12.97
KONZERT DER "ROLLING STONES" AM
6.DEZEMBER
1969 IN "ALTAMONT"
(von Lutz Neitzert)
Die Damen und Herren der Stadtverwaltung
gerieten in Panik. Aus
gutem
Grund, denn mit jeder neuen Meldung erhielt das Szenarium immer
bedrohlichere
Dimensionen. Dabei hatte man das Ansinnen zunächst durchaus
wohlwollend
beschieden. In London hatten die "Rolling Stones" im "Hydepark"
gespielt,
warum also nicht auch hier in San Francisco in den Grünanlagen an
der "Golden Gate"?
Aber nun hatte es "Woodstock" gegeben, und die Vertreter des
Ordnungsamtes
malten in Krisensitzungen und Pressekonferenzen den Teufel an die Wand.
("SYMPATHY FOR THE DEVIL")
Hunderttausende waren unterwegs, und als
die ersten eintrafen,
erließ
man schließlich ein Verbot der Veranstaltung, wohlwissend,
daß
es für einen geordneten Rückzug längst zu spät war.
Für die "Stones" hatte es der krönende Abschluß ihrer
USA-Tournee werden sollen. Ein Open-Air-Festival im Zentrum der
Bewegung,
in Kalifornien. Wie viele andere Stars, so litt auch Mick Jagger
darunter,
nicht dabeigewesen zu sein in "Woodstock" - also wollte man nun selbst
das Spektakel noch einmal übertrumpfen. Ein Film mit dem Titel
"Gimme
Shelter" sollte das Ereignis dokumentieren und unbedingt noch vor dem
"Woodstock-Film"
in die Kinos kommen.
So begann in größter Hektik die Suche nach alternativen
Schauplätzen. Der Troß zog weiter zum nahegelegenen
Tempodrom "Sears Point" - doch kaum war dort die Bühne aufgebaut,
da stellte
der Besitzer plötzlich unerfüllbare Forderungen.
Schließlich
ging man auf das Angebot eines eher zwielichtigen
Motorsportveranstalters
ein, der - unter der einzigen Bedingung, daß nur sein Name oft
genug
genannt werden müsse - eine heruntergekommene Stockcar-Rennbahn
zur
Verfügung stellte. Eine staubige Piste am Ende der Welt,
zugänglich
nur über eine enge, holprige Straße. Wider erwarten schaffte
man es tatsächlich gerade noch rechtzeitig - fast 350.000 Menschen
kamen heute vor 28 Jahren, am 6.Dezember 1969, nach "Altamont".
Der Eintritt war frei, das Programm ein Who-is-Who der aktuellen
Musikszene,
und auf Plakaten warb man für das am gleichen Tag erscheinende
neue
Album der "Stones": "Let it bleed"!
Wie schon andere Bands zuvor, hatte man die Motorradrocker der "Hell's
Angels" als preiswerte (in Bier zu entlohnende) Alternative zum
kommerziellen
Sicherheitsdienst engagiert. Wenngleich auch niemand daran glauben
konnte
oder wollte, daß der Geist von "Woodstock" überhaupt eines
Aufsichtspersonals
bedurfte. Mick Jagger jedenfalls gefiel diese Aura des Düsteren
und
Verwegenen. Doch die Rocker sollten sich nicht mit der ihnen
zugedachten
Rolle als Staffage begnügen. Schon mit ihrem Eintreffen
demonstrierten
sie, die menge auf dröhnenden Feuerstühlen
auseinandertreibend,
daß sich diese Hippies hier, zwischen Autowracks und
Ölfässern,
auf feindlichem, auf ihrem Terrain befanden. Provoziert sicher auch von
den allzu penetranten Verbrüder- und Verschwesterungsgesten der
Blumenkinder,
begannen die Lederjacken drohend ihre Radketten und nietenbesetzten
Baseballschläger
zu schwingen. Nun konnten jene Studenten, die in Berkley oder Los
Angeles
dabei waren, in Seminaren und Teach-ins ein neues Modell der
Gesellschaft
zu entwerfen, einmal am eigenen Leib überprüfen, inwieweit
ihre
Theorien vom Wesen der Gewalt mit dieser Realität zusammengingen.
Eine ohnmächtige Masse mußte erleben, was geschieht, wenn
eine
gewaltbereite Ordnungsmacht zum "Terror-Regime" mutiert.
Das Konzert begann: "Santana" spielten und die "Grateful Dead" - immer
wieder unterbrochen durch Motorenlärm und Hilfeschreie. "Crosby,
Stills,
Nash & Young" brachen ihren Auftritt ab, flohen im Hubschrauber,
schließlich
prügelten die "Angels" den Sänger der "Jefferson Airplane"
von
der Bühne.
Und dann begingen die "Stones" einen weiteren folgenschweren Fehler,
indem sie das Publikum, wie üblich, fast anderthalb Stunden warten
ließen. Als endlich die ersten Takte ihres Songs vom
"Mitgefühl
mit dem Teufel" erklangen, da eskalierte um sie herum die Gewalt.
Überall
tobten wilde Schlägereien und Messerstechereien, bis
schließlich
ein junger Farbiger, niedergemetzelt direkt vor der Bühne, tot
zusammenbricht.
Der Film zeigt eine sekundenkurze gespenstische Szene, wenn sich Keith Richards angesichts des Chaos in einem unbeobachteten Augenblick mit fahriger Hand bekreuzigt, während Mick Jagger hilflos versucht, aus der Show herauszutreten und eine außer Kontrolle geratene Wirklichkeit zu begreifen - um die Schultern noch immer sein Mephisto-Kostüm.
Im Publikum befand sich übrigens
auch ein Mann, nach dem die
Polizei
in jenen Tagen fieberhaft fahndete: Charles Manson!
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SWR-"ZEITWORT"
vom 26.10.96
BILL HALEY IM "BERLINER
SPORTPALAST"
AM 26.OKTOBER 1958
(von Lutz
Neitzert)
Er war bereits 30 und verheiratet, hatte
fünf Kinder und eine
kaum
größere Zahl an Haaren auf dem pomadigen Kopf, sein
Hüftschwung
trieb niemanden in Ekstase und sein musikalisches Talent ragte wenig
über
Mittelmaß. So durfte man sich schon wundern, daß ebenjener
eher feiste Mister BILL HALEY zum ersten Star des Rock’n’Roll werden
sollte.
Die Revolte der Halbstarken war angezettelt, und zum Idol wählten
sie sich ausgerechnet einen älteren Herrn aus Michigan.
Als Radiodiscjockey hatte er ein feines Gespür entwickelt für
neue Trends, und so präsentierte er eben zur rechten Zeit am
rechten
Ort ein Stück Musik, das exakt den Nerv der ersten
Nachkriegsgeneration
traf:
(BILL HALEY "ROCK AROUND THE CLOCK")
Es war die Themamelodie zu einem Film,
der weltweit für
Schlagzeilen
sorgte: "Die Saat der Gewalt". Regisseur Richard Brooks zeigte einem
aufgeschreckten
Publikum hier zum ersten Mal eine amerikanische Schule als sozialen
Brennpunkt
- mit rebellierenden Jugendlichen voller Aggressionen und auf der
anderen
Seite hoffnungslos überforderte Lehrer und Eltern, die ihre
Autorität
und damit die Kontrolle verloren hatten.
Ein sozialkritisches Sujet, und als Soundtrack zu diesem Szenario immer
wieder Rock’n’Roll.
Der Erfolg des Films überall in der westlichen Welt war Indiz
dafür, daß man sich mit der Übernahme des
amerikanischen
Lebensstils zugleich auch ähnliche gesellschaftliche Probleme
eingehandelt
hatte.
Und dann - heute vor 38 Jahren, am 26.Oktober 1958 - trat Bill Haley
zum ersten Mal in Deutschland auf. Zwar waren da die wilden Jahre des
Rock’n’Roll
schon längst vorbei (Elvis war kurz zuvor mit patriotischem
Kameralächeln
als Rekrut ins Taunusstädtchen Friedberg eingezogen) - aber im
kulturellen
Mief der Adenauer-Ära reichte es dann doch noch einmal für
einen
veritablen Skandal.
Nicht zuletzt die Verantwortlichen
für jenen Abend im Berliner
Sportpalast bewiesen dabei einiges Ungeschick und wenig Geschmack bei
der
dramaturgischen Konzeption des Programms.
So ließ man zuerst das bieder Orchester "Kurt Edelhagen" zum
Tanz aufspielen, und vor Bill Haley plazierte man dann auch noch Bill
Ramsey.
Die Ungeduld des jugendlichen Publikums stieg verständlicherweise,
und als es schließlich losging, da ging zugleich mit den ersten
Takten
auch das Mobiliar zu Bruch.
Die Presse meldete anderntags: 12 Verletzte, 22 Festnahmen, 50.000,-
DM Sachschaden... und die Spur der Verwüstung zog sich in den
folgenden
Wochen weiter durchs Land. In Hamburg rückte die Polizei mit
Tränengas
an, und aus Anlaß des Haley-Auftritts in Essen zeigte sich der
kirchennahe "Rheinische Merkur" empört darüber, daß
ausgerechnet "am
Tag der Papstwahl" jener "Komet der Triebentfesselung" einen Anschlag
auf "Geschmack, Anstand und Selbstachtung" verüben durfte.
Und hinter dem Eisernen Vorhang frohlockte das SED-Organ "Neues
Deutschland",
daß sich hier die amerikanisch-kapitalistische Unkultur endlich
demaskiert
hätte. (Übrigens hält sich bis heute das Gerücht,
wonach
es sich bei den Rädelsführern in Berlin um
Stasi-Agenten
gehandelt haben soll).
Der Musikschriftsteller Nik Cohn schrieb: "Bis jetzt waren die
Halbstarken
eine ziemliche Minorität gewesen, aber als sie Krawall machten, da
wurden sie von der Presse als Stoff für Leitartikel
entdeckt...(Das)
Teenager-Problem wurde zur Nachricht, zum großen
Verkaufsschlager,
und im Handumdrehen klinkten sich alle ein: Kirchenleute erboten sich,
geistlichen Trost zu spenden, Psychologen kamen mit Erklärungen,
Behörden
griffen hart durch, Eltern gerieten in Panik, Geschäftemacher
wurden
reich, und Rock war auf einmal Zentralthema. Natürlich reagierten
die Teenager schnell... und die Zeitungen erregten sich noch mehr, die
Panik wurde größer... und plötzlich war der
Generationskrieg
offene Tatsache".
Von heute aus rückblickend
betrachtet, sollte es einem schon zu
denken geben, daß damals ausgerechnet jene Elterngeneration, die
noch kurz zuvor die halbe Welt in Schutt und Asche legte, sich nun
hinstellte
und angesichts einiger demolierter Sitzbänke begann, über die
Verrohung der Jugend zu lamentieren.
Und hatten sie sich nicht selbst in gerade jenem Berliner Sportpalast
einst von einem gewissen Joseph Goebbels zum "Totalen Krieg"
aufstacheln
lassen ?!
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SWR-"ZEITWORT"
vom 5.9.98
ROCKFESTIVAL
AUF
FEHMARN
/ 4.- 6.SEPTEMBER 1970
(von Lutz Neitzert)
Südlich von Bojendorf, ein paar Kilometer westlich von Sulsdorf gelegen, auf dem Campingplatz von Flügger-Strand, schlotterten 30.000 Blumenkinder im Sauwetter. "Love & Peace" stand auf den handgemalten Pappschildern, die ihnen den Weg (zwischen Polizeikolonnen und Stacheldraht hindurch) hierher, ans Ende der Welt gewiesen hatten - und auf dem offiziellen Plakat hatte man so verlockende Namen gelesen wie: "Ten Years After", "Canned Heat", Ginger Baker, Alexis Korner, Sly Stone, "Floh de Cologne", "Ton-Steine-Scherben" und, allen voran, Jimi Hendrix - dessen letzter Auftritt sein Konzert hier auf Fehmarn werden solllte:
(HENDRIX: "HEAR MY TRAIN COMING")
Heute vor 28 Jahren sollte das
dreitägige Festival auf der
Ostseeinsel
als "Deutsches Woodstock" in die Rockgeschichte eingehen.
Jugendbewegt und blauäugig hatten die Veranstalter (Helmut
Ferdinand
und Timm Sievers aus Kiel) geglaubt, die große Sache im Griff zu
haben. Beate Uhse als Hauptsponsor, die Hamburger "Hell's Angels" als
Ordnungshüter
- was sollte da schief gehen. Zudem hatte man (um unbefugtes Eindringen
wie in Woodstock zu verhindern) aus strategischen Erwägungen
ein vom Moor umgebenes Gelände gewählt. Nun aber hatte es
tagelang
geregnet und der Platz vor der großen Bühne war selbst ein
einziger
Morast. Dabei war man so stolz darauf gewesen, den Einfall einer
Drehbühne
gehabt zu haben, um die festivaltypischen Umbaupausen
überbrücken
zu können. Aber was nutzte das jetzt unter solchen Bedingungen.
Der Sturm heulte vom Meer herüber und fing sich unter dem
Bühnendach,
so daß die Musik kaum zu hören war, viele der Stars aus
wärmeren
Gefilden blieben lieber in ihren Hotelzimmern in Puttgarden, das
Programm
wurde laufend umgeändert, die Stromversorgung brach für
Stunden
zusammen, die Toiletten liefen über, die Rocker betranken sich -
und
als sie erfuhren, daß am Ende wohl kein Geld mehr da sein
würde,
sie für ihre Dienste zu bezahlen, da setzten sie (gottlob erst am
Schlußtag nach dem letzten Auftritt) die Bühne in Brand.
Das eigentliche Wunder bei all dem war, daß zum einen das
Publikum
stoisch versuchte, sich trotz aller Unbill die Laune nicht verderben zu
lassen und daß zum andern (wie einige unscharf verwackelte
Amateurfilme
und wenige Tonbandmitschnitte erahnen lassen) die Musiker
offensichtlich
noch inspiriert wurden vom chaotischen Drumherum.
Daß eine solche Menschenmasse sich allein mit gutem Willen und
einer pazifistischen Grundhaltung von selbst in geordneten Schranken
halten
würde, dieses Gottvertrauen hätte eigentlich spätestens
nach der Katastrophe beim Stones-Konzert in Altamont wenige Monate
zuvor
auch der letzte verlieren müssen.
Lippmann & Rau machten mit Hendrix
damals ihre ersten nicht
unproblematischen
Erfahrungen als Tourneeplaner - im unbehaglichen Spagat zwischen
Subkultur
und doppelter Buchführung - und erlernten (durch Versuch und
Irrtum)
den angemessenen Umgang mit dem neuen Typus des "Superstars". Zugleich
diskutierte eine interessierte Öffentlichkeit heftig darüber,
wieviel Kommerz die Rockmusik als Sprache der "Antiautoritären"
denn
zulassen dürfe, ohne Schaden an ihrer Seele zu nehmen.
Der "Ton-Steine-Scherben"-Sänger Rio Reiser erinnerte sich
später
an die Tage auf Fehmarn:
"Abgesehen von... Hendrix und ein paar bekannten Gruppen, die
schon...vorher
Geld und Vertrag in der Tasche hatten, haben die kleinen (Bands)...
(nichts)
bekommen.... (und) uns (hat man) einen ungedeckten Scheck gegeben!" Sie
spielten damals als letzte Gruppe und sie spielten "Macht kaputt, was
Euch
kaputt macht!"
Danach gab es hierzulande für lange Jahre keinen weiteren Versuch mehr, ein derartiges Rockmusik-Großereignis auf die Beine zu stellen. Erst Ende der 70er Jahre begann dann die Zeit der Open-Air-Spektakel - und dies war dann auch das vielleicht sinnfälligste Anzeichen dafür, daß nun endgültig ein professionelles Management den Popzirkus zu einer auch im größten Rahmen weitgehend risikolos kalkulierbaren Veranstaltung gemacht hatte.
Nur einer scheint damals, inmitten des
Desasters, seinen Schnitt
gemacht
zu haben: ein pfiffiger Eierverkäufer versorgte die Frierenden und
Hungernden mit seiner Ware. Und da es ihm selbst unmöglich gewesen
wäre, über hunderttausend Hühnereier abzukochen, verfiel
er auf den schlauen Plan, einen befreundeten General davon zu
überzeugen,
daß dies doch eine (im Sinne der Landesverteidigung) durchaus
nützliche
Gefechtsübung für seine Truppe sein könnte. Und
tatsächlich
rückte daraufhin die Bundeswehr mit einer Feldküche an und
bediente
die Hippies generalstabsmäßig mit Hartgesottenem.
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SWR-"ZEITWORT"
vom 4.3.00
DIE
ERSTE DEUTSCHE
TALK-SHOW
(von Lutz Neitzert)
Ein Kritiker der "Zeit" hielt das neue Genre damals in einer ersten Einschätzung für den "Striptease eines Denkfehlers"!
Die Mehrheit vor den hiesigen
Bildschirmen aber wartete
zunächst
einmal gespannt ab, als heute vor 27 Jahren, am 4.März 1973, im
WDR
mit
"JE SPÄTER DER ABEND" die erste Talkshow im deutschen
Fernsehen
ihre Premiere hatte.
In seiner Anmoderation stellte Gastgeber
Dietmar Schönherr
seinem
Publikum die rhetorische Frage:
"Eine Talkshow - was ist das? Es ist etwas, was wir alle noch
nicht kennen.
Talk kommt von ‘to talk’, reden, und das Ganze ist also eine Rederei !"
Immerhin gab es ja lange schon Werner
Höfer’s "Internationalen
Frühschoppen"
und Günter Gaus hatte mit seinen tiefsinnigen Gesprächen "Zur
Person" - in legendären Interviews mit Rudi Dutschke, Gustaf
Gründgens und anderen - für einige veritable Glanzlichter der
bundesrepublikanischen TV-Historie gesorgt.
Doch bald schon sollte sich zeigen, daß es bei dem neu eingeführten Format tatsächlich um etwas ganz anderes ging. Weder stand ein konkretes Thema im Mittelpunkt oder gar die Diskussion der aktuellen politischen Weltlage, noch galt es, einer klugen Person Gelegenheit zu verschaffen, sich einmal in durchdachter Ausführlichkeit dem Zuschauer mitzuteilen.
Dramaturgie und Gruppendynamik, brisante Mischung der Typen und Charaktere, Sympathie und Antipathie waren die obersten Prinzipien, wenn es nun darum ging, eine illustre Runde zusammenzustellen.
Wohlfeile Provokateure wie Klaus Kinski oder Franz Xaver Kroetz standen denn auch von Beginn an ganz oben auf der Besetzungsliste und sie erfüllten jedesmal aufs Neue die in sie gesetzten Erwartungen.
Die unvergessenen Höhepunkte der
frühen Talkshow-Jahre
jedenfalls
waren allesamt eher Affront denn Aufklärung:
der ungenierte Flirt zwischen Burkhard Driest und Romy Schneider
beispielsweise
oder die sinnfällig-handgreifliche Anleitung zur
Selbstbefriedigung
durch Nina Hagen im "Club 2" des ORF - auch wenn ab und an durchaus
einmal
politische Untertöne auftauchten - wie etwa bei dem
Tintenfüller-Attentat
des Ex-Kommunarden Fritz Teufel auf den amtierenden
Bundesfinanzminister
Matthöfer (der in jenen Tagen gerade verzweifelt versuchte, eine
Parteispendenaffäre
auszusitzen).
Mit "Je später der Abend" hatte man
das Modell auf Anhieb
etabliert.
Dietmar Schönherr moderierte die ersten 22 Sendungen - ihm folgten
ab 1974 zuerst Hans-Jürgen Rosenbauer und dann Reinhard
Münchenhagen
als Talkmaster. Doch erst nach dem Ende der Reihe im Juli 1978 setzte
der
Boom so richtig ein.
"Bio’s Bahnhof", "Kölner Treff", "III nach 9", "Drei vor
Mitternacht"
und wie sie alle hießen.
Preiswerter, billiger konnte Fernsehen eben nicht produziert werden:
ein kleines karg ausgestattetes Studio (höchstens einmal ein etwas
edleres Sitzleder als Blickfang) und die Prominenten verzichteten zudem
gerne auf eine Gage, wenn sie im Gegenzug das neue Buch, den neuen Film
oder die gerade erschienene Schallplatte vorstellen konnten.
Abstinent blieben bis heute nur ganz wenige und für Politiker wurde eine Einladung zum Talk bald wichtiger als jeder Auftritt im Parlament.
Als dann mit dem Privatfernsehen seit
Mitte der 80er Jahre die Quote
endgültig zum Maß aller Dinge wurde und man vor allem auch
den
Normalbürger als taugliches Subjekt entdeckte, ging man daran, das
Biotop noch einmal mit aller professionellen Konsequenz zu vermessen
und
durchzuorganisieren.
Casting-Agenturen sind entstanden, die nichts anderes tun, als nach
präsentablen Gesichtern, allzeit bereiten Selbstdarstellern,
skurrilen
Weltanschauungen und anrührenden Schicksalsschlägen zu
fahnden.
Geordnet im Katalog bietet man das Sortiment dann den diversen
Redaktionen
an.
Eine andere Firma sorgt derweil für das Saalpublikum.
Viele der täglichen Sendungen sind mittlerweile mit Stoppuhr und
Skript bis ins letzte Detail quasi als Fließbandproduktion
durchrationalisiert.
Die Begehrtesten unter den VIPs bringen es pro Jahr leicht auf über 50 Einsätze und auch als Namenloser darf man durchaus damit rechnen, nach einer gelungenen Schau immer wieder gebucht zu werden und schließlich als gewiefter Talkshow-Tourist heute zum Thema "X" bei dem einen Sender vor der Kamera zu stehen und morgen als bekennender "Y" bei einem anderen.
Und wie für so vieles andere, so hat man auch für diese Entwicklung verschiedentlich versucht, die 68er verantwortlich zu machen: ein Rederecht für alle hätten sie als bewegte Studenten von einst doch immer wieder lautstark gefordert - und das hätten sie eben jetzt davon!
Nun, wie dem auch sei - schon im Jahr
1974 machten Dieter
Hildebrandt
und Werner Schneyder die vermeintliche "Talkshow-Inflation" zum Thema
eines
Kabarettprogramms unter der Überschrift "Talk täglich"
(damals
noch eine witzige Übertreibung) und dort konstatierten sie ebenso
treffend wie lakonisch: "Man trägt die Seele jetzt
dekolletiert"!
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SWR-"ZEITWORT"
vom 15.4.00
ERSTER
WETTBEWERB "UNSER DORF SOLL SCHÖNER WERDEN"
(von Lutz Neitzert)
Ihrer Intention nach war die "Grüne
Charta von der Mainau", in
welcher die "Deutsche Gartenbaugesellschaft" im Jahr 1961 ihr Programm
niederlegte, eines der frühesten Zeugnisse erwachenden
ökologischen
Bewußtseins im Nachkriegsdeutschland.
"Die Grundlagen unseres Lebens sind in Gefahr geraten, weil
lebenswichtige
Elemente der Natur verschmutzt, vergiftet und vernichtet werden...
Deshalb
ist zu fordern... die Schonung und nachhaltige Nutzung des vorhandenen
natürlichen oder von Menschenhand geschaffenen Grüns..."!
Solche Sätze standen dort bereits zu lesen, lange bevor
Umweltschutz
ein öffentliches Thema war. Und, um das weitsichtige Ziel zu
befördern,
hatte man vorgeschlagen, doch einen Wettbewerb der Gemeinden ins Leben
zu rufen, der Bürgeraktivitäten in diesem Geist
prämieren
sollte. Die Politik gab umstandslos grünes Licht und so ging man
sogleich
daran, die Modalitäten zu diskutieren.
Doch aus den verfaßten Statuten war am Ende dann kaum noch etwas vom Bemühen um eine Rückgewinnung naturgemäßer Lebenswelten herauszulesen - entstanden war vielmehr das Regelwerk einer "Geranien-Olympiade".
Nichtsdestotrotz war die Resonanz in der Öffentlichkeit unerwartet groß und mit Heinrich Lübke war bald der ideale Schirmherr gefunden für ein Unternehmen, das zunächst unter dem Slogan "Unser Dorf in Grün und Blumen" firmierte.
Das beginnende Wirtschaftswunder hatte Otto Normalverbraucher hinreichend Zeit und Geld beschert, sich in seiner Freizeit nun auch einmal mit Muße der Pflege seines häuslichen Umfeldes zu widmen - und er tat das offensichtlich gern.
Vor allem die rührigen Lobbyisten
der Gartengerätebauer,
Blumenhändler
und Baumschulen sahen ihre Chance gekommen und verfochten ihre
Geschäftsinteressen
mit Nachdruck und strategischem Geschick. Sie propagierten
exotische Blütenpracht und Jägerzaun als wohlfeilen Weg aus
der Tristesse der Wiederaufbaujahre - und in der Tat, die Kassen der
Gärtnereien
begannen vielversprechend zu klingeln.
An der ersten großen Bürgerbewegung der Bundesrepublik
nahmen
schon bei der Premiere 447 Gemeinden teil - zu Hochzeiten sollten es
dann
weit über 5000 werden.
Vom ursprünglichen Anliegen allerdings blieb, wie gesagt, kaum etwas übrig, als "Unser Dorf soll schöner werden" in die erste Runde ging - heute vor 39 Jahren, am 15.April 1961, war Meldeschluß der ersten Ausschreibung.
Diverse Leitfäden wurden verfaßt und jedem gutwilligen Dorfbewohner an die Hand gegeben, worin nachzulesen stand, wie man die Sache am erfolgversprechendsten anzufangen hatte:
"Ein Planungsausschuß wird gegründet und die Arbeit kann beginnen: Ordnung und Sauberkeit sind Voraussetzung für die Verschönerung. Daher zuerst: Aufräumen! Beginnend bei baufälligen Schuppen, ... alten Zäunen und endend bei Baumruinen... ein gutgehaltener Rasen ist (dagegen) für jede Grünfläche eine Bereicherung..."
- und was es so alles zu beachten gab,
wenn man auf Medaillensegen
spekulierte:
"Vorsicht ist geboten bei weißen Blüten, denn sie
lenken den Blick auf den Schmutz an den Häuserwänden!"
- das leuchtete ein.
Und so nahm der Gärtner den Kampf gegen Giersch und Gundermann,
gegen das gemeine Kreuzkraut und den Hahnenfuß mit frischer
Entschlossenheit
(und nagelneuer Ausrüstung) wieder auf.
In den 70er Jahren entstanden dann im Zuge der Gebietsreform neue Probleme im ländlichen Raum, denen man auch im Rahmen des Wettbewerbsreglements glaubte, Rechnung tragen zu müssen. Viele Gemeinden hatten ihre tradierten Strukturen aufgegeben, das Zusammengehörigkeitsgefühl der Bewohner schwand in gleichem Maße, wie die Dörfer ihr Gesicht verloren. Und so setzte man nun in den Bewertungskriterien einen neuen Schwerpunkt auf das Soziale, auf die identitätstiftende Gemeinschaftsarbeit an öffentlichen Plätzen und Gebäuden.
Doch noch immer bestimmten kompromißlose Flurbereiniger und Mäanderhasser die Blickrichtung.
Erst in den 80er Jahren begann, wie in
allen anderen
gesellschaftlichen
Bereichen, auch hier ein Umdenken. Die grüne Kritik wurde immer
vehementer
und immer scharfzüngiger.
In Horst Stern’s Zeitschrift "Natur" etwa mokierte man sich über
Begriffsschöpfungen wie "Straßenbegleitgrün" oder
schüttelte
den Kopf über den Misthaufen in der Garage - und andere
Ökologen
spotteten: "...weil der Deutsche ein Vogelfreund ist, wird eine
`Kerndl-Villa´
im oberbayerischen Stil auf einen Holzpfosten genagelt. Dann ist Platz,
damit sich der kläffende Rasenmäher endlich
austoben
kann"!
Der Gesinnungswandel war letztlich nicht aufzuhalten und so mancher Bürgermeister zeigte sich verstört oder verbittert, als Streuobst fortan dem Rhododendron den Rang streitig machte und man mit Brachland punktete, während die Begonie im Waschbetonkübel die Kommission nicht mehr wie ehedem entzückte.
Das sozialpolitische Konzept wurde parallel dazu immer umfassender und schließlich sah man sich 1997 zu einer erneuten Namensänderung veranlaßt: "Unser Dorf hat Zukunft" lautet nun das aktuelle Motto des Wettbewerbs.
Ein guter Rat aus dem "ABC der
Dorfverschönerung" von Anno
dazumal
ist aber auch heute noch unbedingt zu beherzigen:
"...ein wohlgestalteter Blütenflor im Vorgarten..."
heißt
es dort, "...macht das Aufstellen von Zwergen überflüssig !"
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SWR-"ZEITWORT" vom 7.8.00
DIE ERSTEN
"CHAOSTAGE" DER PUNKER IN HANNOVER
(von Lutz Neitzert)
Der Begriff ist längst als
vielverwendetes geflügeltes
Wort
in unseren Sprachschatz eingegangen - doch Auslöser und Ursache
der
ersten "Chaostage" sind darüber völlig in Vergessenheit
geraten
und muten heute - in Zeiten von "Big Brother", Adressenhandel und
Online-Banking
- zudem reichlich naiv an: Es ging nämlich dabei
vordergründig
um eine Frage des Datenschutzes!
Die Geschichte begann im Sommer 1982. In Punkerkreisen kursierte damals
die Nachricht, daß in Hannover von Beamten der "Polizeiinspektion
7" eine "Punker-Kartei" angelegt worden sei, in welche fortan jeder mit
buntgefärbtem Irokesenschnitt, Sicherheitsnadel in der Backe oder
Ratte auf der Schulter als potentieller Störer der
öffentlichen
Ordnung eingetragen werden sollte.
Und (ähnlich wie die Computer-Hacker unserer Tage) verfiel man
auf die Idee, dem Angriff gewissermaßen durch einen
"Daten-Overkill"
zu begegnen. Und zwar so, wie es kurz zuvor in einem TAZ-Interview
angekündigt
worden war:
"Wir fordern nicht nur wirkliche Punks auf, da hinzukommen. (Sondern)
alle möglichen Leute sollen sich... lustige Klamotten anziehen...
damit die Polizei (zuletzt) nicht mehr durchblickt!"
Durch vorsätzlich aufmüpfiges Verhalten sollten die
Sicherheitskräfte
zur inflationären Aufnahme von Personalien provoziert werden.
Am Schluß des zitierten Artikels stand als vorausschauende
Mahnung
eines TAZ-Redakteurs: "Paßt bloß auf!"
Von überall her wollte man also veritable "Chaoten" nach
Niedersachsen
locken - und da traf es sich gut, daß gerade eine bekannte
amerikanische
Punkband, die "Dead Kennedys", auf Deutschlandtournee war:
(DEAD KENNEDYS "Holiday in Cambodia")
Rund 800 Personen folgten
schließlich an einem kalten
Dezembertag
dem auf unzähligen Flugblättern und durch Mundpropaganda
verbreiteten
Aufruf.
Aus den Punker-Hochburgen Hamburg, Berlin und dem Ruhrgebiet war man
angereist,
viele der um ihr Weihnachtsgeschäft fürchtenden Ladenbesitzer
hatten ihre Schaufenster vorsorglich verbarrikadiert und man brauchte
nicht
lange zu warten auf die ersten Handgreiflichkeiten.
Doch den mit allzu hohen Erwartungen lauernden Medienvertretern
erschien
der gebotene Krawall dann am Ende doch eher enttäuschend - und so
taten sie alles in ihrer Meinungsmacht Stehende, um die avisierten
Schlachtengemälde
schließlich doch noch (unter dem oft zitierten Etikett
"Bürgerkriegsähnlicher
Zustände") in die Schlagzeilen der überregionalen Presse und
die Hauptnachrichtensendungen zu hieven.
Bild begann in gewohnter Tonlage am Tag
danach: "Passanten
bespuckt...
Scheiben splitterten" - und erreichte in der Berichterstattung zuletzt
epische Dimensionen:
"Stiefel poltern übers Pflaster... Knüppel klatschen... in
den ersten Reihen spritzt das Blut ... schreiend gehen Punks zu
Boden...
in ihren Augen war nur Haß"!
Was die Punks anbetraf, so waren sie
einerseits mit der Resonanz
durchaus
zufrieden, andererseits aber (trotz hinreichender Mengen alkoholischer
Frostschutzmittel bibbernd und schlotternd) der einstimmigen Meinung,
daß
die Fortsetzung des Widerstandes im nächsten Jahr dann aber doch
besser
im Sommer stattfinden sollte. Schließlich erkor man das erste
Wochenende
im August zum traditionellen Datum für die im Terminkalender der
Szene
nun als unverzichtbares Event festgeschriebenen "Hannoveraner
Chaostage".
Bis 1984 (nomen est omen!) hielten die Demonstrationen gegen die
polizeilichen
Überwachungsmaßnahmen an - dann sollte es 10 Jahre dauern,
bis
1994 (heute vor 6 Jahren) hinreichend neue Gründe für Randale
gefunden waren.
Datenschutz war zwar längst kein Thema mehr, doch Anlässe
gibt es natürlich stets mehr als genug.
Zum einen gingen den Punkern (deren Weltanschauung für
Konsumfetischismus
und Kommerz nur Verachtung übrig hat) die unanständig
frohgelaunten
Techno-Kids gewaltig auf den Geist:
eine "Hate-Parade" sollte es werden an Stelle der "Love-Parade".
Und auch andere Feindbilder und neue Frontlinien hatten sich
zwischenzeitlich
ergeben.
Aus den gehaßten "Poppern" von damals, den geschniegelten
Muttersöhnchen
in schnieken Klamotten, waren mittlerweile besserverdienende "Yuppies"
geworden - und dann gab es seit der Wende eine zunehmend erbitterter
werdende
Konfrontation der Punker mit Neonazis und rechten Skinheads. Vor allem
als Folge dieser Auseinandersetzungen erreichte die Gewalt auch
während
der Chaostage in den Neunzigern eine neue Qualität.
Seit drei Jahren hat es nun keine
weiteren Treffen mehr gegeben -
doch
innerhalb der Szene kursiert schon seit längerem ein Aufruf
für
die erste "Punker-Messe" des neuen Jahrhunderts -
und ein gegebener Anlaß liegt in der Messestadt in diesem Jahr
natürlich auf der Hand: die EXPO!
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SWR-"Zeitwort"
vom
16.5.00
FERNSEHKOCH CLEMENS WILMENROD
BITTET AM 16.MAI 1964 ZUM LETZTEN MAL ZU TISCH
(von Lutz
Neitzert)
Der Popularität des Carl Clemens Hahn tat es keinen Abbruch, als der "Spiegel" begründete Zweifel an seinen Kochkünsten anmeldete: man habe jenes "Arabische Reiterfleisch" einmal nachgekocht, welches er in seiner jüngsten Sendung so wortreich zubereitet habe, und sei zu der festen Überzeugung gelangt, daß es sich dabei um nichts weiter handele als um eine schnöde Frikadelle.
Schon die Beinamen, die sich der erste
TV-Koch der Bundesrepublik
während
seiner erstaunlichen Karriere erworben hat, werfen ein bezeichnendes
Licht
auf seine besonderen Talente:
"Don Clemente", der "Karl May der Küche" oder auch der "bauchige
Herold des Wohlstand-Ahnens"!
Nach seinem westerwälder Heimatort
gab er sich den
Künstlernamen
Wilmenrod und ging schon wenige Wochen nach Programmstart des deutschen
Fernsehens, im Februar 1953, beim NWDR erstmals auf Sendung. Bis zu
seinem
letzten Auftritt heute vor 36 Jahren, am 16.Mai 1964, erlebte seine
Kochstunde
(unter dem Motto "Bitte in 10 Minuten zu Tisch") immerhin 185
Aufführungen.
Im tropisch heißen Studio, unterstützt von seiner im
Hintergrund
wirkenden Gattin Erika und dem vollelektrischen "Schnellbrater
Heinzelkoch"
und hofiert von den Lobbyisten der Lebensmittelindustrie wurde aus dem
gescheiterten Schauspieler eine unvergängliche Ikone der
frühen
Fernsehjahre.
Als begnadeter Selbstdarsteller wußte er, wie man sich
wirkungsvoll
in Szene setzt.
Das Konterfei, welches seine Schürze zierte, ließ er sich
von einem Schüler des "Simplicissimus"-Karikaturisten Gulbransson
entwerfen - und angefangen beim koketten Menjoubärtchen über
den spöttischen Augenaufschlag bis hin zum lasziven Gigolo-Timbre
in der Stimme suggerierte sein ganzes Auftreten den Beginn einer neuen
Zeit.
Er sollte und wollte kulinarisch den Rahmen abstecken für den Aufbruch der Deutschen nach Rimini und Mallorca (wo auch er die Winter im eigenen Ferienhaus zu verbringen pflegte).
Und so war schon sein erstes TV-Menu eben nicht der "Königsberger - (respektive Kaliningrader) Klops", nicht Spätzle oder Labskaus, sondern: "Spaghetti auf neapolitanische Art".
Eine tiefgreifende Revolution in deutschen Tellern bahnte sich an.
Die Risikobereitschaft der Hausfrauen zwischen Alpen und Waterkant stieg zusehends und erreichte - vor allem an Festtagen und im Partykeller - gelegentlich die Grenze zum Übermut.
Wahrhaft skurrile Höhepunkte der
Haute Cuisine haben wir ihm zu
verdanken:
den "Venezianischen Weihnachtsschmaus", das "Päpstliche
Huhn", "Würstchen mit Austern" und natürlich nicht
zuletzt: den "Toast
Hawaii"!
Und jedes Mahl, das er kredenzte, wurde
eingesponnen in 1001
Anekdote.
Ein Talent, das er auch in seinen diversen Büchern unter Beweis
stellte - die da hießen:
"Es liegt mir auf der Zunge", "Brevier für Weltenbummler und
Feinschmecker-
In Abrahams Schoß " oder (und das war auch für seine
Verhältnisse
dann doch reichlich gewagt)
"Die französische Küche".
Als "Product Placement" noch (Hinterlist
andeutend)
"Schleichwerbung"
hieß, beherrschte er diese lukrative Form des Nebenerwerbs
bereits
in Perfektion. Mit seinen wohlplazierten Empfehlungen bestimmte er
nicht
unwesentlich die Konjunktur ganzer Sparten der Nahrungsmittelbranche.
Als etwa eine norddeutsche Spirituosenfirma zur Ansicht gelangte, auch
der Rest der Republik sei nun reif für den "Rumtopf" und die
"Feuerzangenbowle",
nickte Clemens Wilmenrod zustimmend, schritt bei nächster
Gelegenheit
zur Tat und kassierte anschließend ein gepfeffertes Salär.
Sein Publikum pflegte er zu begrüßen mit den einschmeichelnden Worten: "Ihr lieben goldigen Menschen" oder zu titulieren als: meine "Brüder und Schwestern in Lukullus".
Die inflationären Folgen des von ihm so virtuos zelebrierten Programmformats (das übrigens ein Franzose 1937 in Diensten der britischen BBC begründet hat), die Inflation der Topf- und Teller-Shows, die hat er nicht mehr miterleben können - er starb 1967 (60jährig) durch Freitod (nach der Diagnose einer unheilbaren Erkrankung) gerade als seine Löffel weitergereicht worden waren in die Hände eines Vico Torriani, Max Inzinger, Horst Scharfenberg oder Ulrich Klever.
Das Köcheln und Sautieren vor laufender Kamera hat, wie wir wissen, seither nicht mehr aufgehört - bis hin zum schier endlosen "Pa-Lafer" unserer Tage!
Geändert haben sich allerdings die Geschmäcker. Heute singt keiner mehr so ungeniert sein Loblied auf Konservierungsmittel und Tütensuppen - und auch der Kalorienpegel ist seither drastisch gesunken.
Wilmenrod's Hauptaufgabe war es, rückblickend betrachtet, den beginnenden Überfluß zu kanalisieren.
Versuchte er - als der westdeutsche
TV-Küchenchef - also, den
noch
etwas irritierten und unentschlossenen Wohlstandsbürger
einzuweisen
in den möglichst unfallfreien Umgang mit der Worcestersauce, dem
Ketchup
und dem Käse-Igel, so brutzelte sein ostdeutsches Pendant, Rudolf
Kroboth, der Fischkoch des DFF, unter ganz anderen Vorzeichen. Sollte
er
doch durch geschickte Rezeptauswahl die Begehrlichkeit nach
unerreichbaren
Luxusprodukten gerade verhindern, volkseigene Spreewald-Gurken
anpreisen
statt Bananen, und helfen, den Mangel zu verwalten -
oder vielmehr das, was wir in unserem Schlaraffenland so unter "Mangel"
verstehen!
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"Zeitwort"
vom 16.9.00
16.SEPTEMBER
1956:
BELA LUGOSI "IS DEAD"
(von Lutz Neitzert)
Nachdem er als Shakespeare's "Romeo"
debütiert hatte,
reüssierte
er zum ersten Mal vor großem Publikum ausgerechnet bei den
Passionsspielen
im ungarischen Debrecen:
in der Rolle "Jesu Christi"!
1882 als Bela Ferenc Blasko geboren, gab er sich später nach
seiner
Heimatstadt Lugos den Künstlernamen Lugosi.
Einige Lexika datieren seinen Tod einen Monat zurück - auf den
16.August 1956 -
als spiele das nun in seinem Fall irgendeine Rolle!
(BAUHAUS: "BELA LUGOSI IS DEAD")
"Bela Lugosi is dead" - mit diesem
Stück begründete 1979
die
britische Band "Bauhaus" ein neues Genre in der Popmusik: den
"Darkwave-"
oder "Gothic-Rock".
Und tatsächlich hätte man sich denn auch wohl kaum einen
besseren Paten für diese schwarzen Klänge aussuchen
können:
Bela Lugosi ist bis heute sicherlich die gelungenste Verkörperung
eines "Gruftie".
Nach einem Auftritt als "Chingachcook" in einer frühen Verfilmung von Fenimore Cooper's "Lederstrumpf" hatte er bald seine Passion und eigentliche Bestimmung gefunden: "Dracula"!
1919 aus politischen Gründen aus
Ungarn geflohen, emigrierte er
über Deutschland in die USA -
und von da an heftete sich - zuerst am Broadway und dann in Hollywood
- (bewaffnet mit Knoblauch, Kruzifix und Eichenholzpflock) ein
unerbittlicher
Widerpart an seine Fersen - ein gewisser "Jan van Helsing".
Sein Holzschnittgesicht - beleuchtet stets von unten (dazu zwei kleinen Extrascheinwerfer auf die hypnotischen Augen gerichtet) - und unterstützt durch einen befremdlichen ungarischen Akzent bekam die legendäre Gestalt aus Transsilvanien mit ihm ihr erstes unverwechselbares Konterfei.
Doch so filmreif die Vorlage, die Novelle
des Iren Bram Stoker, auch
ansonsten ist (immerhin gibt es bis heute mehr als 150 Kinoversionen
der
tiefgründigen Schauergeschichte), mit einem Detail der Legende
mochte
sich kein Regisseur anfreunden: Vampire haben keinen Schatten!
Schon Murnau setzte sich im Namen der Dramaturgie über diese
hinderliche
Vorgabe hinweg und ließ seinen "Nosferatu" Max Schreck
Häuserwände
und das Antlitz schreckensstarrer Opfer eindrucksvoll (aber eben
vorschriftswidrig)
verdunkeln.
Und auch Lugosi's Silhouette warf allerorts unheilschwangere Schatten.
Nur ein Zeitgenosse stahl ihm in seinem
Metier zeitlebens die Schau
und das war Boris Karloff!
Zu einem Gipfeltreffen kam es in "Frankenstein's Sohn", wobei Karloff,
wie üblich, das zusammengeflickte Monster gab, während Lugosi
den subalternen Gehilfen Igor darstellte.
Nach einem letzten großen Erfolg, als zwielichtiger "Dr.Werdegast" in Edgar Allan Poe's "Schwarzer Katze", endete seine Karriere schließlich abrupt auf der "schwarzen Liste" des Kommunistenjägers McCarthy. Kein Hollywoodstudio wagte es danach den als vermeintlichen staatszersetzenden Linken Angeprangerten weiter zu engagieren. Anders als für andere Verfemte, wie Chaplin oder Orson Welles, war Lugosi's Laufbahn damit zu Ende.
Zudem schien man schnell einen passenden
Ersatz gefunden zu haben:
Christopher Lee übernahm den Part des "Grafen".
Nur noch eine skurrile Episode sollte
folgen.
Ein gewisser Ed Wood (dessen tragikomische Geschichte, als eines ebenso
ambitionierten wie talentlosen Regisseurs, zuletzt in die Kinos kam -
mit
Johnny Depp in der Titelrolle und Martin Landau als Lugosi), dieser
Filmkünstler
der besonderen Art verschaffte seinem Idol posthum noch einen Auftritt
in dem kuriosen Streifen "Plan Nine from outer Space", dem ( -
Kritiker
und Publikum sind sich darin einig - ) schlechtesten Film aller Zeiten.
Dazu nahm er Probeaufnahmen, die er mit Lugosi gemacht hatte und
montierte
sie zu einer Sternstunde des Dilettantismus.
Und wo das Material nicht reichte, ließ er ihn kurzerhand doubeln
vom Chiropraktiker seiner Frau.
Nach vier gescheiterten Ehen (eine davon
hielt ganze drei Tage)
starb
Bela Lugosi (heute vor 44 Jahren) morphiumsüchtig nach einem
Herzinfarkt
in Los Angeles.
Zu Grabe trug man ihn (gehüllt in sein berühmtes
Dracula-Cape)
auf dem Friedhof zum "Heiligen Kreuz".
Die Kunst der alten Horrorklassiker hatte
darin gelegen, das
Schauerliche
so raffiniert nur anzudeuten, daß im Kopf des Zuschauers die
Schreckensbilder
erst eigentlich entstanden.
Heute, da dieses Genre nurmehr reichlich witzlose Kunstblutorgien
zelebriert,
ist kaum noch nachvollziehbar, daß man damals beim Anblick eines
solchen "Dracula" schlotternd im Kinosessel versank.
Boris Karloff, Lon Chaney oder der "Adam's Family" begegnet man
mittlerweile
im Sonntagsvormittagsprogramm
und schon die Kleinsten kennen Bela Lugosi's Abbild: als ihren
Fernsehmathematiker "Graf Zahl" aus der "Sesamstrasse"!
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SWR-"Zeitwort"
am 13.10.00
13.OKTOBER
1955: ALLEN GINSBERG REZITIERT "HOWL"
(von Lutz Neitzert)
Der Literatenzirkel der "Beatniks" hatte, wie der Name schon sagt, mit "Beatmusik" nix zu tun!
Schon in den 50er Jahren gaben junge
Autoren wie Jack Kerouac,
William
S.Borroughs, Lawrence Ferlinghetti oder Allen Ginsberg in ihren Texten
einer völlig neuen Auffassung von Kunst, Politik und menschlichem
Zusammenleben eine eigenwillige Stimme.
Sie selbst etikettierten und präsentierten sich als die "Beat
Generation" - bewußt die Doppeldeutigkeit des englischen Wortes
"beat"
assoziierend:
einerseits also stilisierte man sich (etwas wehleidig) zur
verprügelten,
von Politikern wie Eisenhower oder McCarthy in ihrem Streben nach
Freiheit
und Selbstverwirklichung unterdrückten Nachkriegsjugend - und
andererseits
deutete man an, daß man gewillt war, einem neuen Taktschlag zu
folgen
- nicht nur in der Musik - aber auch dort.
Und auf ihren Plattentellern lief Bebop-Jazz.
(CHARLIE PARKER "SCRAPPLE
FROM
THE APPLE")
Genauso wild und ungebärdig wollte man sein wie ein Charlie
Parker,
Dizzy Gillespie oder Thelonious Monk.
Beim Schreiben (und mehr noch beim leidenschaftlichen Rezitieren der
Texte) versuchte man phonetisch und auf nervös swingenden
Versfüssen
die treibende Jazz-Rhythmik nachzuempfinden.
Allerdings trafen diese Sympathien
zunächst kaum auf
Gegenliebe.
Ausgeflippte neunmalkluge weiße Mittelstandssöhnchen waren
nicht unbedingt jenes Publikum, welches sich die Jazz-Revoluzzer im
schwärzesten
Harlem damals gewünscht hatten.
Doch einerseits hatte sich ihr ureigener Hörerkreis, die
afroamerikanische
Jugend dem schlichteren Rhythm & Blues zugewandt -
und andererseits: so leicht brüskieren oder gar abwimmeln
ließen
sich diese neuen eingeschworenen Fans nicht, die allabendlich vor der
Bühne
hin- und mitgerissen auf den Tischplatten trommelten und dazu (durchaus
im richtigen Beat) mit den Füßen wippten.
Zu jeder Gelegenheit suchten sie die
Begegnung mit den
vergötterten
Musikanten - und schließlich gaben diese der Werbung nach.
Ginsberg selbst nahm in der Folge diverse "Jazz & Poetry"-Platten
auf (mit Interpreten wie Don Cherry oder Elvin Jones) und auch Kerouac
und die anderen bekamen letztlich dann doch noch, was sie wollten.
(aus ALLEN GINSBERGs "HOWL" )
"Ich sah die besten Köpfe meiner
Generation zerstört von
Wahnsinn,
ausgemergelt, hysterisch, nackt..."!
So beginnt sein viele Seiten langes Gedicht, das zum Fanal werden
sollte.
Am 13.Oktober 1955, heute vor 45 Jahren, in der Künstlerkneipe "Six Gallery" in San Francisco, las Allen Ginsberg zum erstenmal "Howl" - Kerouac trommelte dazu auf einer Weinflasche - das Publikum geriet in Ekstase und applaudierte seinen wort- und bildmächtigen Ausfällen gegen Konservatismus, Technokratie und Kommerz.
So richtig ins Rampenlicht geriet er allerdings erst ein Jahrzehnt später, im Umfeld der Hippiebewegung, die seine Ideale auf ihre Transparente geschrieben hatte.
Übrigens soll er es gewesen sein, der den Begriff "Flower Power" prägte.
Und dieses Mal waren auch die Musiker der
Bewegung von Beginn an
ganz
auf seiner Seite - bzw. sie hingen an seinen Lippen.
Und in den Ecken drängten sich derweil dunkle Gestalten in
Diensten
des FBI und folgten ihm mit hochgeschlagenen Trenchcoatkrägen auf
seiner endlosen Tournee von Sit-in, zu Teach-in, zu Love-in, von
Happening
zu Happening.
Oder sie schauten ihn sich im Kino an: in Undergroundfilmen wie
"Chappaqua"
/ mit Ginsberg als Messias, Ravi Shankar als Sonnengott, William
Burroughs
als Opium-Dealer und dazu der Musik seiner Hausband "Fugs".
Der 1926 geborene Sohn eines russischen
Literaturprofessors war
ständig
(dem erklärten Motto der "Beatniks" folgend) unterwegs.
Seine Expeditionen führten ihn durch alle Weltgegenden und auch
immer wieder auf verschlungenen Pfaden ins Innere der menschlichen
Seele.
Sein väterlicher Freund und Kollege
William Carlos Williams
leitete
eine Lesung einmal ein mit den Worten:
"Nehmen Sie die Säume Ihrer Gewänder hoch, meine Damen,
wir gehen durch die Hölle!"
und ein andermal meinte er:
"Ich hätte nie gedacht, daß er lange genug leben würde,
um erwachsen zu werden und einen Band Gedichte zu schreiben!"
Und tatsächlich war sein 70 Jahre
währendes Leben
angefüllt
mit Extremsituationen.
Überall wo es brannte, ist er rädelsführend dabei
gewesen.
Dazu experimentierte er mit allen nur erdenklichen Drogen - auch "Howl"
soll entstanden sein nach einem ausgedehnten Meskalin-Trip.
An einem Novembertag des Jahres 1960 war
Ginsberg bei Tim Leary zu
Gast.
Man hörte Wagner-Musik und verspeiste dazu psychedelische Pilze.
Im
einsetzenden Rausch dann plötzlich kam ihm die Gewißheit,
der
Erlöser zu sein. Nackt wie er war, ging er also zum nächsten
Telefon, um Nikita Chruschtschow, Norman Mailer und andere bedeutende
Persönlichkeiten
davon in Kenntnis zu setzen.
"Wer, sagten Sie, spricht dort?" fragte das Fräulein vom Amt etwas
irritiert und er buchstabierte:
"G-O-D" (GOTT)!
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SWR-"Zeitwort"
vom 5.8.99
DER
JAZZ-KLARINETTIST
MEZZ MEZZROW STIRBT AM 5.AUGUST 1972
(von Lutz Neitzert)
"Von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang war das Leben ein einziges schaukelndes Bad in einer Wanne aus 22-karätigem Gold, gefüllt mit Milch und Honig. Den ganzen Tag holte der Drogist unter dem Ladentisch Literflaschen hervor, die als Haarpflegemittel getarnt waren... (Und) in Chicago schwelte eine Revolution, angezettelt von einer Schar Studenten mit rosigen Wangen. Diese Rebellen standen auf einem Orchesterpodium statt auf einer Seifenkiste... aber die Wirkung war die gleiche... Aus dem...Bauch des übersättigten Landes sang ihnen eine ganz neue Stimme zu (und) gab Antwort auf all ihre Fragen... Es war die Stimme des Jazz, die sich über dem... Geklirr der Whiskyflaschen hörbar machte!"
So beschrieb der Klarinettist Mezz
Mezzrow in seiner Autobiographie
die "Goldenen 20er Jahre" der Prohibition in Amerika.
Verbunden mit seinem Namen ist der Prozeß der Urbanisierung des
Jazz im Chicago Al Capone's.
Zum ersten Mal nahm sich damals eine junge Bohème mit
europäisch-romantischem
Kunstideal und Lebensstil dieser noch neuen Musik an, welche gerade
eben
erst, der wirtschaftlichen Konjunktur folgend, mit ihrer
Gründergeneration
aus dem Süden der Vereinigten Staaten in die Industriezentren des
Nordens gezogen war. Und hier nun galt es, diese Klänge dem
großstädtischen
Leben anzupassen.
Kaum ein anderer verkörperte und propagierte so entschlossen jene
neue Einstellung zum Metier, welche den Typus des Jazzmusikers von da
an
charakterisieren sollte - jene Mischung aus intellektueller
Widerspenstigkeit,
jugendlicher Subkultur und entschiedener Hochachtung vor dem Erbe
afroamerikanischer
Kultur.
Und was Al Capone anbetraf, so war er mit seinem Nachtclubimperium
der wichtigste Arbeitgeber all dieser Musiker. Auch Mezzrow stand lange
auf seiner Gehaltsliste - und zwar nicht nur als Musikant, sondern auch
als versierter Schwarzbrenner.
Überhaupt hatten es ihm die diversen Rauschmittel ganz
offensichtlich
angetan - der Alkohol und der New Orleans-Jazz und das Haschisch und
Marihuana.
Nicht nur Louis Armstrong's "Hausdealer" ist er gewesen und aus diesem
Grund des öfteren im Gefängnis, wo er übrigens in jungen
Jahren auch das Klarinette- und Saxophonspiel erlernt hatte. Er galt
als
unbestrittene Autorität in Kiffer-Kreisen und ein neueres Buch
über
ihn trägt denn auch den passenden Titel: "Die Tüte und die
Tröte"!
Wobei er stets warnte vor den Gefahren härterer Drogen wie des
Heroins,
welches damals gerade in der Szene auftauchte und dem viele aus der
nächsten
Generation zu Opfer fallen sollten.
Was seine musikalische Klasse anbetraf, so war diese (im Gegensatz zu der einiger seiner Mitstreiter - wie etwa des Geigers Joe Venuti oder des Gitarristen Eddie Lang) doch eher bescheiden. Ein gehässiger Kritiker etwa meinte einmal, daß er "so konstant neben der Tonart (zu spielen pflegte), daß er (dabei durchaus mit ein wenig Glück) eine neue Tonleiter hätte (entdecken) können"!
( "GUT BUCKET BLUES")
1899 in Chicago als Sohn russischer Juden
geboren und getauft auf
den
Namen Milton Mesirow, sah er sich von Kindheit an in einer
ähnlichen
gesellschaftlichen Außenseiterrolle wie seine schwarzen Idole -
und
er tat alles, dieses als sein Selbstverständnis immer wieder zu
betonen.
Er heiratete eine Farbige und im (weltgeschichtlich so schicksalhaften)
Jahr 1933 stellte er eines der ersten gemischtrassigen Orchester
zusammen.
Und nicht zuletzt die dadurch herausgeforderten alltäglichen
Diskriminierungen
veranlaßten ihn schließlich nach dem Krieg dazu, nach
Europa
überzusiedeln. Er lebte fortan in Paris, wo er heute vor 27
Jahren,
am 5.August 1972, auch gestorben ist.
Und auf jemanden wie ihn hatte die französische Musikwelt offenbar
nur gewartet. Hochkarätige amerikanische Musiker hatte man
mittlerweile
genug, doch mit Mezzrow war vor allem ein eloquenter Missionar
erschienen,
der spannend und aus erster Hand berichten konnte - wenngleich man bald
merkte, daß man besser nicht jedes Wort dieses "Münchhausen
des Jazz" auf die Goldwaage legen sollte.
Seine witzig geschriebenen Lebenserinnerungen jedenfalls sind noch
heute ein vergnüglich zu lesendes Stück Musikgeschichte.
Allerdings war er andererseits weder
bereit, noch fähig, den
weiteren
Weg seiner Musik hin zu immer anspruchsvolleren Stilen mitzuvollziehen.
Und dies veranlasste einen der entschiedensten Verfechter der Moderne,
Boris Vian, einmal zu der flehentlichen Bitte:
"Lest ihn, aber hört ihn Euch (um Gottes Willen) nicht mehr an"!
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SWR-"Zeitwort"
vom 12.10.01
DAS
PLATTENDEBUT DES FREEJAZZERS ARCHIE SHEPP
AM 12.OKTOBER 1960
(von Lutz Neitzert)
Free Jazz-Black Power!
Um diese enge Beziehung wußte nicht nur die Jazzgemeinde, auch
die amerikanische Öffentlichkeit registrierte den Zusammenhang in
Zeiten innenpolitischer Aufruhr mit einigem Unbehagen. Eben noch war
der
Jazz im Zentrum einer florierenden Musikindustrie gestanden und nun
flegelten
sich dort auf den Bühnen äußerst zornige junge
Männer,
die ihr Publikum verbal zu beschimpfen oder gar aufzuwiegeln pflegten,
es mit mehr als schrägen Klängen malträtierten und sich
dabei auch noch in der Rolle von veritablen Freiheitskämpfern zu
gefallen
schienen.
Und daß einer der stilbildenden
Interpreten zugleich
studierter
Literaturwissenschaftler und Kultursoziologe war und schließlich
eine Professur an der renommierten "University of Massachusetts"
innehatte,
das war durchaus kein Zufall sondern Programm.
Archie Shepp verkörperte einen neuen Typus.
Wie er waren viele der Protagonisten des Freejazz blitzgescheit und
hochgebildet.
Auch (und vielleicht sogar vor allem) das empfand so mancher als ein
Affront - bis dahin waren (oder gaben sich) die Jazzmusiker ja zumeist
breit grinsend und die Augen rollend als naive Clowns.
Mit dieser devoten Rolle und der darin vorgespiegelten Harmlosigkeit
sollte es nun ein für allemal vorbei sein.
Heute vor 41 Jahren, am 12. Oktober 1960, stand der damals 23-jährige Saxophonist zum ersten Mal in einem Plattenstudio - in der Band des Pianisten und Freejazz-Pioniers Cecil Taylor. Unter dem Titel "The World of Cecil Taylor" entstand eine jener Aufnahmen, durch die das Jahr 1960 als Geburtsjahr des Freien Jazz in die Musikhistorie einging.
In der Musik selbst hieß das Credo:
Ausmerzen all jener
Elemente,
die, wie man meinte, als Zutat weißer Unterhaltungskultur in den
ursprünglichen Jazz eingedrungen waren, um ihn zu domestizieren
und
ihn dem weißen Amerika einzuverleiben.
Keine Terzenseligkeit mehr, kein Fingerschnippen, kein Mitpfeifen -
stattdessen orgiastisch ausufernde Hymnen nach den Vorbildern
archaischer
Riten. Oft stundenlange Fegefeuer traten so an die Stelle des gewohnten
Konzerts. Die konservativen Hörerwartungen des Publikums sollten
um
keinen Preis mehr bedient werden durch das Darbieten der immer gleichen
Ohrwürmer.
Auch den Begriff "Jazz" wollte man nicht
mehr dulden und man
ersetzte
ihn durch das Etikett "Black Music".
Man organisierte sich in selbstverwalteten Musikervereinigungen – auch
das ganz im Geiste der Vordenker der Bürgerrechtsbewegung.
Ein typisches Beispiel für eine Musik, die vor allem als ein politisches Statement gehört werden wollte, war Archie Shepp’s "Malcolm, Malcolm - semper Malcolm" – gewidmet einem der militanteren Aktivisten der "Black Power" (und Widerpart Martin Luther King’s) – Malcolm X:
(ARCHIE SHEPP: "MALCOLM, MALCOLM - SEMPER MALCOLM")
Doch wie jeder revolutionäre Fundamentalismus, so schraubten auch die schwarzen Freejazzmusiker zum einen die Ansprüche an ihr Publikum in ihrer Kompromißlosigkeit so hoch, daß schließlich nur noch wenige ihnen folgten und zuhörten - und zum anderen verstrickte man sich in unvermeidliche Widersprüchlichkeiten.
So fand diese Musik ihr Publikum nicht wie erhofft in Harlem oder in der Bronx, sondern leidenschaftlich diskutiert wurde jede neue Platte stattdessen jenseits des Atlantik, in den Intellektuellenzirkeln der Alten Welt.
Auf die Frage, was er in seinen
Veranstaltungen lehre, antwortete
Shepp
kürzlich:
"Meine Vorlesung heißt Revolutionäre Konzepte in der
afroamerikanischen
Musik. Aber meine Studenten sind fast alles Weiße. Das ist
die
Ironie des Schicksals. Was von den Sechzigern geblieben ist, sind die
Black
Studies Departments an den weißen Universitäten!"
Und was er über die heutigen Vertreter schwarzer Musik- und Jugendkultur zu sagen hat, klingt ebenfalls reichlich resignativ: "Wenn wir etwa von den HipHoppern, von sogenannter Black Music heute reden... Diese schwarzen Kids, die von den Massenmedien präsentiert werden, sind zum großen Teil Leute ohne Schulabschluß. Für die Wahrnehmung eines Black Man ist aber das Verständnis des weißen westlichen Wertesystems immens wichtig. Die Kenntnis von westlicher Kultur, Literatur und Sprachen ist notwendig (für politisches Bewußtsein)!"
Hatte doch gerade ihr intellektuelles Niveau Musiker wie Archie Shepp in den 60ern zumindest eine kurze Zeit lang zu einer durchaus einflußreichen gesellschaftlichen Kraft werden lassen und zudem dafür gesorgt, daß auch der Jazz selbst endlich Anschluß fand an die Avantgarde der abendländischen Tonkunst.
Vor dem Hintergrund der jüngsten
Ereignisse hat ein Aspekt der
Bürgerrechtsbewegung eine neue Brisanz erlangt. Auf der Suche nach
einer religiösen Bastion, welche man dem "American Way of Life"
entgegensetzen
konnte, konvertierten viele junge Schwarze damals zum Islam – nicht nur
Musiker - man denke an Muhammad Ali. Und bis heute nennt sich die
unversöhnlichste
Gruppierung der Black Power "The Nation of Islam"!
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SWR-"Zeitwort"
vom 15.8.01
DER "WELTREKLAMEKONGRESS" 1929
(von Lutz Neitzert)
"Reklame - der Schlüssel zum
Wohlstand der Welt!"
So stand es auf dem offiziellen Plakat des "Weltreklamekongresses"
1929 in Berlin.
Der Künstler, der es entworfen hatte, Fritz Rosen, sollte
übrigens
vier Jahre später, 1933, aus Nazideutschland vertrieben werden.
In den 20er Jahren gab es überall
Ausstellungen und Messen zum
Thema Werbung. Vor allem Plakate wurden dort oft als veritable
Kunstwerke
präsentiert. Interessierte Betrachter wie Walter Benjamin
bemerkten
den Einfluß etwa der "Jugendstilästhetik" auf dieses Genre
und
schwärmten zudem davon, daß auf diesem Wege sowohl das
Komische
als auch das Obszöne endlich Einzug in den öffentlichen Raum
der Städte gehalten habe.
Vor allem die Literatenzunft kannte zunächst wenig
Berührungsängste.
Hatte doch schon der junge Frank Wedekind nicht nur das skandalöse
"Frühlingserwachen" eines Backfischs auf die Bühne gebracht,
sondern mit gleicher Sprachgewalt den Segen einer bräunlichen
Essenz
gepriesen. Als Leiter der Werbeabteilung eines damals
vielversprechenden "Start-ups" schmiedete er so manchen
geschäftsfördernden
Vers:
"Die Poesie ist die Würze des Lebens... wie Maggi’s
Suppenwürze
diejenige eines jeden guten Mittagstisches!"
Und selbst Bertolt Brecht ließ sich als Autonarr inspirieren
von den Errungenschaften der modernen Zeiten. Für die Marke
"Steyr"
dichtete er enthusiasmiert:
"Wir haben sechs Zylinder und dreißig Pferdekräfte. Wir
wiegen zweiundzwanzig Zentner...
Wir liegen in der Kurve wie Klebestreifen. Unser Motor ist ein
denkendes
Erz!"
Allen voran die Avantgarde der Autoren
und Bildenden Künstler,
die gerade dabei war, den ach-so-tiefsinnig vergrübelten Werken
der
Romantik eine den beschleunigten Zeitläuften angemessenere
Ästhetik
gegenüberzustellen, hatte von Anfang an ein kaum verhohlenes
Faible
für das Profane und Unseriöse der Reklame.
Zudem erwies sich diese als ein gut bezahltes Experimentierfeld mit
einigem kreativen Freiraum.
Auch die Vorkämpfer eines ganz neuen
Mediums, die frühen
Filmemacher
nämlich, erkannten bald die Chance, ihre kostspieligen
Innovationen
auf diese Weise von der Industrie mitfinanzieren zu lassen.
So gab es auch im Rahmen des heute vor 72 Jahren, am 15. August 1929,
zuende gegangenen "Weltreklamekongresses" einen eigenen Wettbewerb
für
Werbespots (einen frühen Vorläufer der "Cannes-Rolle"
gewissermaßen).
Den Sieg errang dabei "Die chinesische Nachtigall", ein
Scherenschnitt-Trickfilm
im Auftrag der "Tri-Ergon-Schallplatten"-GmbH, worin (frei nach
Hans-Christian
Andersen) ein Schallplattenhändler mit einem Grammophon die
knifflige
Märchenaufgabe löst, einen kaiserlichen Palast mit
Vogelgesang
zu erfüllen, um so eine liebreizende Thronfolgerin zu gewinnen.
Erstmals ernsthaft gefordert waren
Marketingstrategen, als der
erhoffte
und erwartete Boom beim Absatz von Elektrogeräten ausblieb. Vor
allem
deutsche Kunden reagierten zunächst eher skeptisch und
zurückhaltend
auf die allzu phantastische Versprechung eines Paradieses aus der
Steckdose.
Mit allen Mitteln galt es also, Bedarf zu wecken.
Und dabei begegneten den Kreativen so inspirierende Sujets wie etwa ein Staubsauger der Firma AEG mit dem schönen Namen "Vampyr", die nach einer künstlerischen Umsetzung geradezu verlangten.
Überhaupt versuchte man durch
Reklame vor allem die
Rationalisierung
aller Lebensbereiche voranzutreiben - im Haushalt ebenso wie in der
Arbeitswelt.
Nicht nur optische Reizquellen oder von der Industrie produzierte
Hörspiele
("Soap Operas" genannt) dienten diesem Zweck - selbst an die Leseratten
unter den Sekretärinnen wurde gedacht - es erschienen (nach dem
Vorbild
der Groschenhefte) sogenannte "Angestelltenromane" mit rührseligen
Plots und Titeln wie: "Das Mädchen an der
Orga-Privat-Schreibmaschine".
Die Branche wuchs und für die Macher
wurde es schwierig, stets
auf dem Laufenden zu bleiben.
Veranstaltungen wie der "Weltreklamekongreß" dienten so dem
internationalen
Erfahrungsaustausch - vor allem mit den erklärten Vorbildern aus
Amerika.
Ihrer eigenen Bedeutung bewußt, hatte die US-Delegation denn
auch ihren Auftritt geradezu zelebriert - feierlich überreichte
man
dem regierenden Bürgermeister von Berlin im Roten Rathaus die
Stadtfahne
von New York.
Natürlich blieb diese Entwicklung
auch den wortführenden
Gesellschafts-
und Kulturkritikern jener Epoche nicht verborgen. Doch - so lesenswert
deren Diagnosen auch waren (und wieder sind) - in einem reichte ihre
Phantasie
offensichtlich nicht aus. Sie schienen davon überzeugt, daß
mit den "Roaring Twenties" die Durchkommerzialisierung des
Alltagslebens
nun abgeschlossen sei - sie konnten (oder wollten) sich nicht
vorstellen,
welche Perfektion die Choreographie der
"Tänze um das Goldene Kalb" am Ende des Jahrhunderts erreicht
haben würde.
Daß aus jener Reklame, die den mündigen Bürger
bloß
harmlos und bescheiden an Litfaßsäulen und im
Kinovorprogramm
über Neues aus der Warenwelt in Kenntnis setzten wollte, einmal
ein
allgegenwärtiges Marktgeschrei werden sollte, das bis in den
letzten
Winkel dringt, und daß ihre Embleme gar einmal auf
Sportlerbrüsten
prangen würden, das war schwerlich abzusehen.
Das erste Kapitel der modernen Zeiten
endete schließlich noch
im gleichen Jahr 1929, an einem schwarzen Freitag im Oktober. Ein Heer
von Spekulanten hatte sich verzockt, die Börsenkurse stürzten
ab und die Welt schlitterte, wie wir wissen, in eine Katastrophe.
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SWR-"Zeitwort"
vom 21.7.01
DAS
ENDE DES LEGENDÄREN HIPPIEZENTRUMS "PERRY
LANE"
1963
(von Lutz Neitzert)
Der berühmteste Bewohner der PERRY
LANE war Thorstein Veblen,
der
Ende des 19.Jahrhunderts dort seine vielgelesene "Theorie der feinen
Leute"
verfaßt hatte.
Ausgerechnet dort!
Denn wie es einige Dekaden später in seinem Viertel aussah, das
schilderte ein beredter Zeitzeuge:
"Alle möglichen Leute begannen, sich an der Perry Lane
zusammenzufinden.
Hier gab es das legendenumwobene Wildbret-Chili, ein Gericht (kreiert
von
Ken Kesey) aus Pichelsteiner mit einer kleinen Prise LSD, von dem man
sich
was reintun und sich dann auf die Matratze in einer Astgabel
flätzen
konnte, um mitten in der Nacht eine Runde mit der riesigen Lightshow
droben
am Himmel zu flippern. Die Lane war einfach zu schön, um wahr zu
sein!"
So beschrieb Tom Wolfe als Insider und Chronist der frühen
Hippiejahre
den Beginn der psychedelischen Bewegung und deren erstes Domizil.
In San Francisco hatten sich in den
späten 50er Jahren die "Beatniks",
Schriftsteller und Aussteiger wie Jack Kerouac, Lawrence Ferlinghetti
und
Allen Ginsberg, ein sonniges Refugium geschaffen. Und diese
stadtbekannte
Clique mit ihrem provokanten Bürgerschreckimage zog vor allem die
studentische Jugend in ihren Bann. Genauso "hip" wollte man sein wie
diese
alten ständig aufgedrehten Querköpfe. Ebenso wie diese
verachtete
man zutiefst alle Spießer, alle "Squares", mit ihrer langweiligen
Vollkaskomentalität.
Lichtjahre glaubte man diese Spezies hinter sich zurücklassen
zu können, in ihren weißumzäunten Reihenhäusern,
zusammen
mit den "Waltons", mit "Lassie" und "Fury" und der Schuld am sich
abzeichnenden
Desaster in Vietnam.
Soweit war man sich also einig.
Nur was die musikalischen Vorlieben anbetraf, gab es kleinere
Differenzen.
Während die "Beatniks" sich (obgleich ihr Name anderes vermuten
lassen könnte) für den alten Bebop-Jazz begeisterten und mit
den Klängen der "Swinging Sixties" wenig anzufangen wußten,
lauschten die Jungen umso andächtiger dem neuen Sound der
Rockmusik.
Aus den "Beatniks" wurden also
"Blumenkinder".
Deren erster Rädelsführer war Ken Kesey, der gerade mit einem
Theaterstück Furore gemacht hatte: "Einer flog über das
Kuckucksnest"!
In seinem Gefolge sorgten die "Pranksters", eine wilde Truppe aus
hochgradig
verhaltensauffälligen, Theater spielenden Freaks, für
allerlei
Happening - und so wurde seine Wohnung in der "Perry Lane" zum
Anziehungspunkt
und konspirativen Zentrum der Bewegung. Man schmiedete oft obskure
Pläne
für das nächste Wochenende im Speziellen und die
Weltrevolution
im Allgemeinen.
Und dazu schien jedes Mittel und auch jedes Mittelchen recht.
Nun begab es sich, daß zu der Zeit in unmittelbarer Nachbarschaft, am nahegelegenen "Menlo"-Hospital, (ebenso wie an einigen Universitäten) aufsehenerregende Versuche gemacht wurden mit neuen psychoaktiven Substanzen - und einige der beteiligten Forscher kamen bald in Kontakt mit den Hippies und freuten sich über deren ehrliches Interesse an ihren wissenschaftlichen Studien.
In Wolfe's Schlüsselroman "Unter Strom - The Electric Kool-Aid Acid Test" heißt es:
"Die Herren Doktoren Timothy Leary und Richard Alpert grillten die Hirne braver Harvard-Jungs zu Pommes: LSD! Das war noch bevor Dr. Osmond den Begriff 'psychodelisch' erfand, den man später zu 'psychedelisch' verbesserte, um die Klappsmühlen-Assoziationen von 'psycho' loszuwerden. Es war in der Tat ein nettes kleines Geheimnis, auf das man da gestoßen war oder eigentlich war es vielmehr der Triumph der Versuchskaninchen. Irgendwie kriegten die Drogen plötzlich Beine und machten sich auf den Weg zur alten Perry Lane in Stanford's Bohème-Viertel!"
Und auch für den passenden
Soundtrack jener Parties und grob
fahrlässigen
Psychoexperimente war gesorgt:
"Kesey hatte sich mit einer Rock'n'Roll-Band zusammengetan, den
'Grateful
Dead', deren Boß Jerry Garcia war, jener verwahrloste
Slumbursche,
der zusammen mit anderen Tagedieben - Lumpenbeatniks - in Palo Alto
gewohnt
hatte; man hatte sie (zuerst) immer (wieder) hinauswerfen müssen,
wenn sie herübergekommen waren, um (unsere Feste) an der... Lane
zu
sprengen!"
("DARK STAR" von GRATEFUL DEAD / LP-"Live
Dead")
Heute vor 38 Jahren, am 21. Juli 1963,
rollten die Bagger an und
beendeten
das erste Kapitel dieser Jugendrevolte.
Ein Bauunternehmer hatte den ganzen Straßenzug aufgekauft und
machte die "Perry Lane" kurzerhand dem Erdboden gleich.
PS: Kurz vor seinem Tod befragt nach
seinen Erinnerungen an das Ende
der "Perry Lane", schilderte mir Ken Kesey
mit Wehmut die letzte Szene jenes denkwürdigen Tages:
Subject:: The End of Perry
Lane
Tue, 05 Jun 2001 10:27
From: kesey
<kenk@efn.org>
To: Neitzert
<dneitzer@rz-online.de>
Dr. Lutz--
Yep I remember them dozing down
the Lane. We all sat in the street
and watched the buildings rooted down.
As they were rooting down my
backhouse I saw a familiar paper sack
being ground into the ground.
"It's that sack of grass I
lost! Stop! Lemme get it..."
But it was gone, ground into
scraps of wood and glass and shingles
and the disappearing dwellings. Oh well....
--Kesey
_________
_/ |
|_ FURTHER _|
O O
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SWR-"Zeitwort"
vom 24.3.01
1957: DIE "WILDFÜTTERUNG IM
HOCHHARZ"
ZUM ERSTEN MAL LIVE IM FERNSEHEN
(von Lutz Neitzert)
Ein verschneiter Bilderbuchwald mit
hölzerner Krippe.
Förster
Wellbrock stapft in derbem Loden durch den tiefen Schnee und leert
raschelnd
seinen großen Sack. Dann hallen ein paar kurze, durchdringende
Lockrufe
im dunklen Tann - bevor der Grünrock wieder aus dem Bild
verschwunden
ist -
zu sehen gab es danach zunächst einmal: gar nichts - bloß
ein idyllisches Stilleben - und das für eine ganze lange Weile!
(hier ganz kurz der Ruf einer NEBELKRÄHE - CD "Unsere Singvögel"/ KOSMOS-Verlag 1987)
Da saß er nun, der öffentlich-rechtliche Zuschauer - über sich und dem Sofa an der Wand in Öl den obligatorischen "Röhrenden Hirsch" - und um ihm die Wartezeit zu verkürzen hockte der Jagdexperte Heinz Brüll als Moderator im Anstand, um lehrreich und Löns-belesen das Waidwerk als solches zu erklären und währenddessen die Vorfreude auf den (hoffentlich noch während der Sendezeit) kommenden Auftritt der Hauptakteure zu schüren - bis es dann, irgendwann, kurz vor Einbruch der Dämmerung tatsächlich auftauchte, das (ob der vielen Futterstellen gleich nebenan eigentlich gar nicht so hungrige) Rot-, Schwarz- oder Muffelwild.
Heute vor 44 Jahren, am 24. März
1957, 10 vor 6, an einem
späten
Sonntagnachmittag, gab es im NWDR zum ersten Mal die
Live-Übertragung
einer "Wildfütterung im Hochharz".
Und das "Alte Molkenhaus" bei Bad Harzburg, nahe des Brocken, im
heutigen
Nationalpark, bildete (schneesicher bis ins Frühjahr hinein) das
ideale
Ambiente für jene "Forstmeditation", die sich als ein wahrer
Quotenhit
der frühen Fernsehjahre erwies und so bis 1960 noch drei
Wiederholungen
erleben sollte.
Eine Pioniertat des "Reality TV"!
Denn, wer heute darüber schmunzelt, daß man sich anno
dazumal
offensichtlich am banalen Alltagsleben von Platzhirschen,
Spießern,
scheuen Rehen, dreckigen Säuen und koketten Schmaltieren
ergötzt
hat, der werfe nur einmal einen kurzen Blick ins aktuelle
Fernsehprogramm.
Nun gut, heute stehen die Kameras nicht mehr am Waldrand, sondern in
Containern, und in Hürth statt im Harz, und die Anschauungsobjekte
werden, auch das zugegeben, eher beim Duschen als bei der
Nahrungsaufnahme
beobachtet.
Im Internet aber gibt es tatsächlich noch immer Webkameras, die
rund um die Uhr Livebilder von den Wasserstellen afrikanischer
Nationalparks
online übertragen - und auch dort herrscht (unter
"http-Doppelpunkt-Irgendwas")
zumeist gähnende Leere.
Wenn man die Geschichte der Tiersendungen
im deutschen Fernsehen
Revue
passieren läßt, so stand also am Anfang der schlichte
Versuch,
den Blick des heimischen Försters auf seinen Wald einzufangen
-
bis dann honorige Professoren wie Eugen Schumacher begannen, Pfeife
schmauchend,
zoologische Seminare abzuhalten und Dokumentarfilmer wie Hans Hass oder
Heinz Sielmann ihre Pirschgänge derweil in immer exotischeren
Gegenden
unternahmen -
mit der Folge, daß manches Kind bald mehr wußte über
die Flora und Fauna tropischer Regenwälder als über den
eigenen
Garten.
Dem Bildungsauftrag des Rundfunks
gemäß entwickelte man
zudem
den Ehrgeiz, dem Normalbürger vor dem Bildschirm komplexe
biologische
- und schließlich ökologische - Zusammenhänge
verständlich
zu machen.
Gerade der Naturfilm dokumentiert auf sinnfällige Weise die
Ambitionen
der jeweiligen Fernsehmacher.
Und auch in diesem Genre spiegelte sich fortan der jeweils herrschende
Zeitgeist.
Mit Bernhard Grzimek wurde der Tierfilm in den 60er Jahren unterderhand
"politisch" und lenkte das Augenmerk der deutschen Öffentlichkeit
erstmals (über den Rand der Etoscha-Pfanne und des
Ngorongoro-Kraters
hinaus) auf die gesellschaftlichen Probleme der sogenannten "Dritten
Welt"
und unsere Verantwortung für die "letzten Paradiese".
Und in den 70ern dann dürfte der
alte Förster Wellbrock
vermutlich
wenig erbaut darüber gewesen sein, daß kritische Quergeister
plötzlich auch sein ureigenes Metier vehement angriffen.
"Kann denn Füttern Sünde sein?" Diese Frage hätte ihm
damals im schönen Harz sicher niemand zu stellen gewagt. Nun aber
prangerte Horst Stern in seinen "Bemerkungen über den Rothirsch"
genau
das an. Er unterstellte nämlich, daß eine exzessive
"Wildfütterung",
nur dazu diene, möglichst viele potentielle Geweihtrophäen
über
den Winter hinein in die nächste Jagdsaison zu retten - auf Kosten
des Waldes, der durch die zu groß gewordenen Tierpopulationen
Schaden
nehme.
Mit dem romantisch naiven Naturbild der 50er Jahre jedenfalls war es
danach auch im Fernsehen ein für allemal vorbei.
Und in unseren Tagen?
Heute, da die Programmverantwortlichen offenbar glauben, daß
man die Menschen nur dann noch für einen Blick in die Natur
begeistern
kann, wenn man diese (vorzugsweise unter Titeln wie "Fressen und
Gefressenwerden"
oder "Der gnadenlose Kampf ums Überleben") als Thriller oder
blutigen
Kriegsschauplatz präsentiert, da haben gemütlich Kastanien
mümmelnde
Wiederkäuer natürlich keinen Platz mehr im allzu grell
gewordenen
Rampenlicht.
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SWR-"Zeitwort" am 30.11.00
1956: DIE ERSTE "MAZ" IN DER GESCHICHTE DES
FERNSEHENS
(von Lutz Neitzert)
Das meiste aus der Frühgeschichte
des deutschen Fernsehens ist
unwiederbringlich versendet und existiert bloß noch in der
flüchtigen
Erinnerung älterer Semester.
Da es (außer dem teueren, zeitaufwendigen und unhandlichen
Kinofilm-Medium
Zelluloid) noch keine probate Möglichkeit gab, bewegte Bilder
aufzuzeichnen
und zu speichern, sind weder die ersten Auftritte des "Blauen Bocks"
noch
die ersten weinseligen Runden im Zigarrendunst des "Internationalen
Frühschoppens"
dokumentiert, weder die frühen Zoologieseminare der
ehrwürdigen
Tierprofessoren Eugen Schumacher und Bernhard Grzimek, noch der
Aufstieg
unserer Quizmaster Kulenkampff und Frankenfeld.
Beinahe alles, was damals, in den 50er Jahren, über den bundesdeutschen Bildschirm flimmerte, war (notgedrungen) "live".
Selbst die erste deutsche Seifenoper, die "Schölermanns" - das folgenreiche gutbürgerliche Familienleben um Mutter Trude, Vater Matthias und das ewig liebeskranke Evchen - wurde (aus einem Studio im Bunker am Hamburger Heiligengeistfeld) direkt in die Wohnzimmer übertragen.
Hinreichend Raum also für allerlei Anekdoten und Legenden.
Die Idee, das elektromagnetische Prinzip zur Konservierung von Schwingungen aller Art zu verwenden, gab es schon lange. Und bereits 1928 meldete der deutsche Ingenieur und Tüftler Fritz Pfleumer das Magnetband zum Patent an. Zunächst nur als Tonaufzeichnungsmaterial gedacht und in Gebrauch, dauerte es noch über 20 Jahre, bis die Firma "Ampex" ein erstes 2 Zoll breites Videoband vorstellte. Im Laufe der Zeit wurden die Formate dann immer handlicher, bis "Sony" 1975 ein Halbzoll-Band in eine Plastikkassette steckte und mit dem "Betamax-System" den Videorecorder auch in die privaten Haushalte brachte.
"MAZ ab!" hieß es zum ersten Mal während eines offiziellen TV-Programms heute vor 44 Jahren, am 30. November 1956, im New Yorker CBS-"Studio 41".
"Douglas Edwards with the News" war die
erste regelmäßige
Tagesschau in der Geschichte des Fernsehens. Bereits 1948 hatte die
Sendung
ihre Premiere und von Beginn an ein grundsätzliches Problem: die
verschiedenen
Zeitzonen in den Vereinigten Staaten.
Wenn es an der Ostküste 20 Uhr und also Zeit für die
Abendnachrichten
war, saß man in Kalifornien noch draußen am Strand. Und so
mußte der Sprecher jeweils 3 Stunden später erneut ins
Studio,
um die gleichen Meldungen für die Zuschauer an der Westküste
ein zweites Mal zu verlesen.
Erst die Magnetaufzeichnung erlaubte es endlich, eine einmal
produzierte
Sendung (von einem "Ampex VR 1000"-Videoband) beliebig oft abzuspielen.
In Deutschland zog die revolutionäre Technik erst 1959 in die Funkhäuser ein.
Vor allem in der Sportberichterstattung
sollte dies völlig neue
und schnell erkannte Möglichkeiten eröffnen.
Etwa im Fußball. Während von alten Begegnungen aus der
"Fritz
Walter"-Ära meist nur einige wenige und zudem oft recht
zusammenhanglose
Spielszenen in den Wochenschauen zu sehen waren, konnte man nun aus dem
vorliegenden Material in aller Ruhe am Schneidetisch in sich stimmige
Kurzberichte
von 2-3 Minuten Länge komponieren.
Gerade rechtzeitig zum Start der Bundesliga waren Know-how und
Equipment
schließlich so ausgereift, daß man im ZDF darangehen
konnte,
mit dem "Aktuellen Sportstudio" ein Sendekonzept zu entwickeln, welches
auf dieser Form der Präsentation aufbaute.
Und tatsächlich bot man hier den Zuschauern ein völlig neues
Bild.
Nicht nur den Blick in gequälte Moderatorengesichter in
Großaufnahme,
wenn die MAZ einmal wieder nicht starten wollte.
Der Fernsehsport erhielt plötzlich eine ganz eigenständige
Dramaturgie, die bis heute immer weiter perfektioniert und nach den
Kriterien
der Unterhaltungsindustrie und Popkultur zugespitzt worden ist - als
Folge
wurde die Diskrepanz zwischen dem Geschehen im Stadion und seiner
Darstellung
im Fernsehen immer eklatanter. (Und zuletzt wird das eigentliche
Live-Ereignis
vermutlich kaum noch mit seinem medialen Abbild konkurrieren
können).
Die Zeit der Bänder allerdings wird bald endgültig vorbei sein - auch in den Funkhäusern werden stattdessen nur noch leise surrende Festplatten und kleine silbrige Scheiben rotieren.
Und damit wird auch eine Gefahr noch
einmal größer
werden:
die Gefahr der Manipulation.
Nicht durch die prinzipielle Machbarkeit, die bestand auch schon am
Schneidetisch, sondern
durch die verführerische Beiläufigkeit, die das
nachträgliche
Verändern, das Nachbessern oder eben auch das vorsätzliche
Verfälschen
im volldigitalisierten Betrieb durch den einfachen Mausklick
erhält.
Und was die Vergänglichkeit
anbetrifft, so sehen die Prognosen
der Materialforscher auch bei den modernsten Speichermedien (vergleicht
man sie etwa mit Pergamenten oder Papyrusrollen) eher pessimistisch
aus.
Länger als ein paar Jahrzehnte dürften vermutlich weder ein
Magnetband
noch ein digitaler Datenspeicher dem Verfall widerstehen.
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SWR-"Zeitwort"
vom 1. April(!) 1999
FERDINAND LOH KOMPONIERT DEN "FLOHWALZER"
(von Lutz Neitzert)
Gut 3 Wochen nach dem 1.April, am 21.Geburtstag des Komponisten, heute vor 109 Jahren, am 24.4.1890, soll es gegen 8 Uhr morgens endlich soweit gewesen sein und eines der meistgespielten Stücke der Musikgeschichte sei nach siebenjähriger Arbeit vollendet worden.
Jeder hat es im Ohr, doch trotz seiner bis heute unerreichten Popularität sucht man selbst im gut sortierten Plattenladen vermutlich vergebens nach einer höherem Anspruch genügenden Aufnahme. Keiner der großen Virtuosen unserer Tage hat es bislang in sein Repertoire übernommen und höchstens als zeitvertreibende Melodie in einer Telefonwarteschleife begegnet es uns einmal auf klanglich ansprechenderem Niveau.
("FLOHWALZER")
Und, was noch mehr verwundert, sein Schöpfer war vollends in Vergessenheit geraten.
Bis vor wenigen Jahren in einem
renommierten Verlag ein Buch
erschien,
das versprach, das Rätsel um die Urheberschaft zu lüften.
Sein
Titel:
"Der Komponist Ferdinand Loh und sein Opus magnum - Der Flohwalzer!"
Und mehr noch, der Autor Eric Baumann gibt darin sogar vor, das
Entstehungsdatum
durch ein Briefzitat genauestens belegen zu können:
"London, den 24.April 1890
Habe heute früh... meinen ‘Walzer’ fertiggestellt...
Äußerlich
ist er zwar klein, aber ich habe das Gefühl, daß ich alles
hineingelegt
habe, dessen ich nur fähig bin...Habe alle anderen Werke feierlich
im Ofen verheizt... Solch ein Stück hat’s noch nicht gegeben auf
der
Welt - wer mich und meine Philosophie kennenlernen will, braucht’s nur
gründlich zu studieren... (Und) nun wird erst einmal gefeiert!"
Ferdinand Alfred Gustav Loh sei der Name
des bislang unbekannten
Tonkünstlers,
weitab von den kulturellen Zentren des 19.Jahrhunderts, in einem
meerumschlungenen
Küstenort an der Waterkant, geboren,
von Wagner tief beeindruckt (wenngleich ganz offensichtlich nur wenig
beeinflußt) habe er bald seinen ganz eigenen Stil entwickelt.
Und die Tragödie dieses Künstlerlebens sei es gewesen,
daß
alle bedeutenden Musikverleger sein Hauptwerk ablehnten - mit solch
fadenscheinigen
Begründungen wie "zu kurz", "zu unbedeutend" oder "wenn schon
Walzer,
dann doch bitte im Dreivierteltakt".
Der Name der Komposition, so Baumann,
verdanke sich übrigens
nicht
etwa, wie man naheliegenderweise vermuten möchte, der Assoziation
mit dem besagten kleinen Ungeziefer, sondern einem simplen Druckfehler.
Das Stück sei damals betitelt mit "F. (Punkt) Loh: (Doppelpunkt)
Walzer" in Druck gegeben worden und da er so eng und unleserlich
geschrieben
habe, sei dem Setzer offensichtlich die Interpunktion entgangen und so
hätte er die zehn Buchstaben eben kurzerhand zu einem einzigen
Wort
zusammengezogen.
Allerdings mehren sich gewichtige
Stimmen, die Baumann, eine allzu
blühende
Phantasie vorwerfen und manches Urteil des Autors nicht bereit sind zu
teilen. Etwa seinen Vergleich mit anderen Größen der
Tonkunst:
"Während Beethoven für eine (Einleitung) noch mitunter
über
300 Takte benötigte, kommt Loh ... mit (nur) 4 Takten aus... Man
bedenke,
welche Enthaltsamkeit dazu gehört, sich so kurz zu fassen!"
Es werden also wohl doch noch weitere Forschungsanstrengungen unternommen werden müssen, alle Fragen endgültig zu klären.
Doch, wie dem auch sei (und Spaß beiseite), unbestritten bleibt, daß gerade solche Klavierminiaturen wie der "Flohwalzer" eine bestimmte Epoche der Musikgeschichte sehr treffend charakterisieren.
Das Pianoforte rückte im vorigen
Jahrhundert als wichtigstes
Medium
ins Zentrum der Musikpflege. Dem höfischen Prunk entzog sich das
Bürgertum
im Salon und schuf dort ein neues Ambiente für die Darbietung von
Musik.
Zu diesem Zweck wurde auch der Nachwuchs - vor allem die höhere
Tochter - ans Klavier beordert (bzw. wenn der Etat es zuließ, an
den Flügel).
Und um stets aufs neue zu unterstreichen, daß häusliches Beisammensein das neue Kunstgefühl prägen sollte, klimperte man mit Vorliebe zu zweit - und dazu eignete sich nun einmal kaum ein Stück besser als der "Flohwalzer".
Schon Adorno bemerkte hierzu: "(Musik zu vier Händen) schickt sich besser als jede andere... in die Wohnung. Sie (wird) auf dem Klavier als einem Möbel hervorgebracht, und die(jenigen) die sie ohne Scheu vor Stockungen und falschen Noten traktieren, gehören zur Familie... Das Zuhören beim Vierhändigspielen ist (allerdings) kaum je(mals) eine Freude!"
Für den Zuhörer wohl nicht, aber für die in trauter Zweisamkeit Musizierenden hat die Sache unter Umständen dann doch gelegentlich auch ihrer Reiz. Man denke etwa an jene berühmte Szene aus Billy Wilder’s Filmklassiker "Das verflixte siebente Jahr", in der Marilyn Monroe’s Nachbar, nachdem er von Rachmanninoff als Mittel der Verführung Abstand genommen hatte, sich statt dessen zu ihr ans Piano setzt und sie zusammen beginnen, den "Flohwalzer" zu spielen - tête-à-tête und vierhändig.
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SWR-"Zeitwort"
am 29.3.03
WINTER vs MOORE
AM
29. MÄRZ 1974 NIMMT "JUD’S GALLERY" DEN TITEL "NORDRACH" AUF
(von Lutz Neitzert)
Am Fuß des Schwarzwaldes
schlängelt sich der "Nordrach",
der gleichnamige Ort (nahe Offenburg) gewann einen 1. Preis bei "Unser
Dorf soll schöner werden" und an den Ufern jenes
Flüßchens,
da gab es zur Hochzeit des "Krautrock" eine Band: "Jud’s Gallery"!
Und am 29. März 1974 ging diese Gruppe um Jürgen (genannt
"Judy") Winter und den Gitarristen Peter Oehler ins Studio U1 des
Südwestfunks
in Baden-Baden, um Aufnahmen zu machen für den legendären
"Popshop"
auf SWF 3.
Der ambitionierteste Titel, der bei dieser Session eingespielt worden
ist, war eine 12-minütige Wassermusik: "Nordrach"!
Und nach ca. 8 Minuten und 15 Sekunden erreicht der Bach darin eine
Stelle, welche die Musiker offenbar eher an den Mississippi als an die
Ortenau erinnert haben muß und die sie zu einer folgenreichen
Klangmalerei
inspirierte:
("NORDRACH")
Kommt Ihnen diese Melodie vielleicht
irgendwie bekannt vor
Nun, die Band bestand nur für ein paar Monate, und die Aufnahmen
verschwanden für lange Jahre im Radioarchiv und in den Musiktruhen
der Musiker.
Und dann begab es sich, daß ein Star der internationalen Popszene
im Jahr 1990 einen Hit landete:
("STILL GOT THE BLUES")
"Still got the Blues" von Gary Moore.
Eines Tages, beim nostalgischen Stöbern in alten Tonkonserven,
machte Jürgen Winter’s Freundin Heidi die verblüffende
Entdeckung.
Nach einem ersten Nanu begannen sie Indizien zu sammeln und
schließlich
strengte man einen Plagiatsprozeß an gegen Gary Moore und dessen
Plattenfirma, "Virgin-Music" – bei der "Jud’s Gallery" übrigens
ehedem
vergeblich versucht hatte, einen Plattenvertrag zu bekommen.
Die wichtigste Frage:
Konnte der britische Gitarrist den Titel "Nordrach" denn überhaupt
einmal gehört haben?
Moore lebte tatsächlich in dieser Zeit nachweislich eine Weile
in Bonn und Winter benennt einen Zeugen, der erklärt, seinen
damaligen
Mitbewohner nicht nur beim Hören des "Popshop" belauscht zu haben,
er habe ihn einmal sogar zu einem Konzert von "Jud’s Gallery" nach
Beuel
begleitet.
Die Lokalpresse schrieb im Dezember 2001:
"Hat Gary Moore einen seiner größten Hits geklaut?
Die Geschichte des Song-Klaus reicht bis in die Siebziger Jahre
zurück.
Der heutige Superstar war als Mitglied der Band `Thin Lizzy´
damals lediglich in Kennerkreisen bekannt. Gleichzeitig stand eine
junge
Deutschrockband kurz vor ihrem Durchbruch...
Hochspannung in Sinzig am Rhein – wo der Kopf von `Jud’s Gallery´
heute lebt.
Vor dem Münchner Landgericht geht es um viel Geld!"
Illustriert hatte man den Artikel mit einem siegesgewiß
lächelnden
Jürgen Winter neben seinem arg zerknirscht dreinschauenden
Prozeßgegner.
Ob purer musikalischer Zufall, vorsätzlicher Raub eines
Geniestreichs
oder ob die inkriminierte Tonfolge seit jenen Bonner Tagen als anonymer
Ohrwurm in Gary Moore’s Gehörgängen nistete, um dann im
Kreise
britischer Bluesveteranen nach bestem Wissen und Gewissen als
vermeintlich
eigene Schöpfung wiedergeboren zu werden – wie dem auch sei, auf
alle
Fälle ist es eine spannende Anekdote der Musikgeschichte und ein
ideales
Thema für zukünftige juristische Seminare.
In einem ersten Gutachten der Kläger hieß es:
"`Nordrach´ ist eine Art symphonisches Rockpoem - ideell verwandt
mit Smetanas `Moldau´, beschreibt es den Lauf des
Flüßchens.
Typisch für den deutschen `Krautrock´-Stil der 70er Jahre
ist
die freie Mischung aus Rock, Jazzrock, Funk und Blues... Die
musikalische
Analyse bestätigt die weitgehende Übereinstimmung beider
Titel.
Es bildet sich beim Hörer unmittelbar die Meinung: `Das ist ja
das gleiche Stück!´"
Nun, entscheiden Sie selbst! Hier hören Sie die beiden
Gitarrenmelodien
einmal zusammengeschnitten:
Die beiden Passagen (als MP3) übereinanderkopiert !!!
Beauftragt vom Gericht brütet ein
renommierter Musikprofessor
nun
schon seit längerer Zeit über einer abschließenden
Expertise.
Ein Urteil ist also noch nicht ergangen.
Und, wer weiß, vielleicht steht im Hause Winter ja schon der
Sekt kalt!
Die Kirche des Örtchens Nordrach ist übrigens geweiht dem
Heiligen Nepomuk,
seines Zeichens Schutzpatron gegen die Gefahren des Wassers –
und den ertränkte man vor 600 Jahren als Märtyrer: in der
MOLDAU !
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SWR-"Zeitwort" vom 20.10.03
CANNONBALL ADDERLEY & JOE
ZAWINUL
"MERCY, MERCY, MERCY"
(von Lutz Neitzert)
Cannonball Adderley’s Anmoderation zu
"MERCY, MERCY, MERCY"
("Sometimes we are not prepared for adversity... Well, I have advice
for all of us.
I got it from my pianist Joe Zawinul, who wrote this tune. And it
sounds
like what you suppose to say when you have that kind of problem...:
`Mercy,
Mercy, Mercy´!")
Black Music als Balsam auf die Wunden des
Alltags!
Tief verwurzelt in der Inbrunst des Spirituals entstand seit den
späten
50er Jahren eine neue Stilrichtung im Jazz.
An die Stelle der Revoluzzer und Bürgerschrecks des Bebop, die
kurz zuvor den guten alten Swing beerdigt hatten, trat nun eine neue
Musikergeneration,
in der man sich offenbar wieder sehnte nach wärmeren und
eingängigeren
Klängen - ohne jedoch damit zurückzufallen in die Arme der
Schlagerindustrie.
Ein schwieriges Unterfangen - doch Erlösung fand man in der
Kirche.
Man schleppte fortan solch typische Gottesdienstinstrumente wie die
Hammondorgel oder ein altes "Wurlitzer-E-Piano" auf die Jazzbühne,
integrierte gelegentlich auch einmal den ein oder anderen Gospelchor
ins
Arrangement – doch vor allem in der Musik selbst versuchte man, den
mitreißenden
Sprachduktus und –rhythmus schwarzer Prediger - wie etwa Martin Luther
King’s - ins Jazzvokabular zu übersetzen und nachzuempfinden.
Und als Inbegriff und größter Hit des "Soul-Jazz" gilt eine
Aufnahme des Julian "Cannonball" Adderley-Quintetts: "Mercy, Mercy,
Mercy"!
Alle Kritiker jedenfalls und auch das Publikum waren sich damals darin
einig, daß in diesem Stück endlich die beiden Ströme
der
afroamerikanischen Musikkultur,
Jazz & Gospel, zusammengeflossen und verschmolzen worden sind.
("MERCY, MERCY, MERCY")
Am 20.Oktober 1966 entstand die Aufnahme dieses Klassikers der Jazzgeschichte.
Black Music!
Und wer hat’s geschrieben?
Ausgerechnet ein Komponist und Pianist mit einem so geringen
Pigmentanteil
im bleichen Teint, daß ihn das – von Natur aus – dafür doch
eigentlich hätte disqualifizieren müssen.
Joseph (nachmals "Joe") Zawinul aus Österreich landete 1959 als
Stipendiat des "Berklee College" in den USA und galt bald schon als der
neue Bunte Hund der
New Yorker Jazzszene.
Rückblickend bekannte er einmal, in der Nachkriegszeit in einem
perfiden Sinne eigentlich selbst "Rassist" gewesen zu sein. Er und
seine
Freunde hätten damals nämlich nur den Schwarzen im Jazz das
echte
Feeling für diese Musik zugestanden.
Und so ist es eine erhellende Ironie der Musikgeschichte, daß
eben ausgerechnet ein am "Wiener Konservatorium" (an Mozart &
Haydn)
geschultes bleichwangiges Wunderkind aus der "Josephstadt" die
bekannteste
Melodie der schwarzen Bürgerrechtsbewegung erschaffen sollte.
Es war die Hochzeit der Protestdemonstrationen des "Civil Rights
Movements"
und gerade die Jazzmusiker sahen sich als die Avantgarde der
Emanzipation.
Man nahm Stellung – auf der Bühne ebenso wie in Manifesten oder
Interviews – und unterstützte einschlägige politische
Organisationen.
Adderley und Zawinul etwa rührten vor allem die Werbetrommel
für
die humanitären
Aktivitäten ihres Freundes (des späteren demokratischen
Präsidentschaftskandidaten)
Jesse Jackson, der in der Anmoderation eines ihrer Benefiz-Konzerte
einmal
sagte:
"Auch wenn es hart zugeht und gemein in den Ghettos und eine Menge
widerwärtiger Dinge geschehen, geht aufrecht Euren Weg weiter!
You have to walk tall!"
"Walk Tall" hieß übrigens dann auch eine andere
Zawinul-Komposition
aus jener Zeit.
Es herrschte Apartheid in den USA und er sollte sie auf verquere Weise
am eigenen Leib erfahren.
Vor allem die Militanteren unter den "Black Muslims" drängten
den Saxophonisten Adderley damals, Zawinul vor die Tür zu setzen
und
stattdessen einen schwarzen Pianisten in seine Band zu holen -
Vertreter
jenes islamistischen Flügels der "Black Power", der ja auch heute
noch (ganz brisant nach dem 11. September!) den Ton angibt.
Diese Feindschaft von unerwarteter Seite führte schließlich
zu solch grotesken Situationen, daß er sich bei Fahrten durch die
Schwarzenviertel im Bandbus unter dem Sitz verstecken mußte und
auch
eine Übernachtung im Haus eines farbigen Musikerkollegen wurde zu
einem heiklen Unterfangen.
Die Ungerechtigkeit der amerikanischen Gesellschaft führte eben
zu den unterschiedlichsten Konflikten und Widersprüchen in allen
Lebensbereichen.
Und dazu gehörte es vielleicht auch, daß Zawinul, ob er
es nun wollte oder nicht, gerade durch die Millionenauflage seiner
Hymne
der Unterprivilegierten selbst zu einem der wohlhabendsten aller
Jazzmusiker
geworden ist.
Und wie pflegte er sich zu bedanken für all die zahlreichen
Ehrungen,
die ihm aus Anlaß seines 70sten Geburtstages im vergangenen Jahr
zuteil geworden sind: "Merci vielmals!"
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SWR-"Zeitwort" vom 23.4.05
AM 23. APRIL 1995 KOCHT BLIXA BARGELD
EIN TINTENFISCHRISOTTO BEI "ALFREDISSIMO"
(von Lutz Neitzert)
MUSIK: aus "SCHWARZ" von den "Einstürzenden Neubauten" (Mute Records Stumm 14)
Die "Einstürzenden Neubauten" um
ihren Sänger und
Zeremoniemeister
Blixa Bargeld versuchten anfangs der 80er Jahre den Punk zu
intellektualisieren
und in eine Avantgardekunst zu verwandeln. Dazu veranstaltete man
apokalyptischen
Lärm mit einem Instrumentarium aus Schrottobjekten,
Ölfässern
und Stahlplatten traktiert mit Presslufthämmern und Schleifhexen.
"Höre mit Schmerzen", "Fünf auf der nach oben offenen
Richterskala", "Kollaps", "Negativ-Nein" oder "Kalte Sterne"
hießen die ersten
Aufnahmen
–
und auch seinen legendären Auftritt heute vor 10 Jahren, am 23.
April 1995, in Alfred Biolek’s Kochshow "Alfredissimo" zelebrierte
Blixa
ganz standesgemäß in schwarzem Hemd und schwarzer Hose. Zwar
waren die "Neubauten" zu dieser Zeit musikalisch bereits wesentlich
ruhiger
geworden und zudem zu Lieblingen des Feuilletons aufgestiegen, aber
für
ein kleines unheilschwangeres Happening zwischen Töpfen und
Pfannen,
dafür sollte es dann doch immer noch reichen.
"Am Risotto-Kochen mag ich das Meditative," dozierte er: "...das
geduldige
Rühren und speziell beim Sepia-Risotto die alchimistische
Transformation,
wenn sich der Reis langsam mit der schwarzen Tinte vereinigt!"
Ein anderes Mal bezieht er sich auf einen seiner seelenverwandten
Lieblingsphilosophen,
Marsiglio Ficino, einen obskuren Querdenker aus dem Florenz des 15.
Jahrhunderts,
der in seiner Lehre ein Loblied auf die Melancholie gesungen und dabei
nicht nur eine Kunst, sondern sogar eine Kochkunst des Trübsinns
gefordert
habe.
Und einem bekennenden Küchenmystiker wie Bargeld dürfte es
sicher gefallen, daß sich seine Tintenfischtinte auch im
Medizinschrank
der Homöopathen wiederfindet. Schon ihr Schöpfer hat ihr dort
ein naheliegendes Anwendungsgebiet zugewiesen. Gemäß seiner
(etwas schlichten) Logik, wonach man Gleiches mit Gleichem kurieren
müsse,
folgerte Samuel Hahnemann scharfsinnig eine Heilwirkung gegen weibliche
Depressionen und die Verdunkelungen der Seele in den Wechseljahren.
("ALFREDISSIMO"-Jingle)
Und womit konterte Bio damals den
Kopffüßler-Nihilismus
seines
nachtschattigen Besuchers?
Nun, sauerländisch – zumindest vom Namen her: mit einem "Salat
Olpe" !
Die den Kochprozeß wie üblich
begleitende Konversation zu
Weiß- und Rotwein verlief zwar in Biolek-typischer Nettigkeit –
wenngleich
etwas wortkarger als gewöhnlich –
die kulinarische Konstellation aber, die erinnerte doch noch irgendwie
ein wenig an jene Zeit, in der man Generationenkonflikte sogar mit dem
Kochlöffel austragen musste, als man in linken Künstler- und
Intellektuellenkreisen die mediterrane Küche entdeckte als
alternative
Esskultur und sich im Kampf gegen das gut-spießbürgerliche
Jägerschnitzel
demonstrativ mit Vino Tinto zuprostete, um sich dann noch eine Lasagne
in die Röhre zu schieben.
Benannt hatte sich Blixa Bargeld’s Band
übrigens unter dem
tatsächlichen
Eindruck eines spektakulär einstürzenden Neubaus.
1980 fiel die Berliner Kongreßhalle in sich zusammen – im
Volksmund
genannt: die "schwangere Auster".
Meeresfrüchte!
Blixa Bargeld hat ganz offenbar ein besonderes Faible dafür. Mit
N.U. Unruh, Jochen Arbeit, F.M. Einheit und den anderen "Neubauten"
vertonte
er – auf einer Platte mit dem schönen Titel "Strategien gegen
Architektur"
– noch einen anderen Klassiker der italienischen Küche, die
"Scampi
alla Carlina" – in Olivenöl gedünstete Steingarnelen mit
Tomatensoße,
Kapern und Petersilie.
Im "Spiegel"-Interview sagte er einmal
rückblickend über
seine
gelungene Performance bei "Alfredissimo":
"Das war super, seitdem kennt mich endlich auch mein
Zeitschriftenhändler.
Ich habe das Gericht zubereitet, das ich am liebsten mag, Risotto Nero
eben. Und der große Moment, als ich die schwarze Soße
über
den weißen Reis gekippt habe, hat Bio sprachlos gemacht. Und das
habe ich genossen. Die Stille war, wie immer, der schönste Moment
!"
Der abschließende Kommentar des sichtlich beeindruckten
Gastgebers
zum maritimen Menü seines süffisant lächelnden Gastes
lautete
nicht wie bei ihm sonst üblich "lecker" oder - bei eher
missratenen
Kreationen - "mmh - interessant",
sondern er wiegte schwer sein Haupt und sagte dann: "Ganz
außerordentlich
!"
Eine Geschmacksfrage der besonderen Art
diskutierte man zuletzt auf
einer Internetseite mit dem schön schauerlichen Namen
"Nachtwelten",
einem Forum für die Anhänger von finsterer Darkwave- und
Gothic-Musik.
Dort schrieb jemand: "Was isst ein Gruftie ?
Man sollte einmal eine Liste von Gerichten zusammenstellen, die man
mit gutem schwarzen Gewissen zum Munde führen kann.
Rezepte aus Transsylvanien vielleicht – oder eine Speise, die sich
durch eine tiefschwarze Färbung auszeichnet - ohne freilich
angebrannt
zu sein.
Wie wäre es also mit jenem Tintenfischrisotto, welches Blixa
Bargeld
dereinst bei Alfred Biolek kredenzt hat ?!"
("SCHWARZ" von den "Einstürzenden
Neubauten")
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SWR-Zeitwort vom 13.5.05
CHET BAKER STÜRZT AM 13. MAI 1988
AUS EINEM AMSTERDAMER HOTELFENSTER IN
DEN TOD
(von Lutz Neitzert)
(CHET BAKER "MY FUNNY VALENTINE")
Die Geschichte von Chet Baker
läßt sich nicht
erzählen
ohne die Klischees einer schicksalsschwangeren Künstlerbiographie.
Eine behütete weiße Kindheit – mit einem Country-Gitarristen
als Vater und einer Mutter, die ihn frohgemut von einem
Talentwettbewerb
zum nächsten schleppte.
1946 marschierte er als GI in einer Militärkapelle durch die
Bombenkrater
Westberlins, bis ihn die Armee wegen "psychischer Probleme" vorzeitig –
aber immerhin "ehrenhaft" – entließ.
Er hörte auf, Märsche zu blasen und entdeckte stattdessen
am anderen Ende des musikalischen Universums jenen Sound, der ihn
berühmt
machen sollte.
Als der "James Dean des Cooljazz" trat er ins Rampenlicht und der
sensible
bleiche Jüngling wurde über Nacht zum Star – in
Musikmagazinen
ebenso wie im "Playboy".
Sein vibratolos verhangener Trompetenton drückte eine vollkommen
neue Art von Großstadt-Melancholie aus.
Ein Kritiker meinte einmal: "Man ist nach einem Solo von Chet Baker
nicht geneigt, aufzuspringen und `Yeah´ zu rufen. Dann sitzt er
da,
vornübergebeugt wie ein Fragezeichen - vollkommen regungslos. Und
man denkt beinahe: Sollte er etwa gestorben sein?" 1
Aber das glamouröse erste Kapitel
seiner Karriere endete auf
der
düsteren Kehrseite des Rausches – wo er während einer Jagd
nach
dem nächsten Schuß von konkurrierenden Fixern halbtot
geprügelt
wurde. Sämtliche Vorderzähne hatten sie ihm ausgeschlagen.
Für
einen Trompeter eigentlich das Ende.
Doch mit falschem Gebiß und entgleisten Gesichtszügen gelang
ihm in den 70ern noch einmal ein Comeback – und er übersiedelte
nach
Europa, wo man Jazzlegenden – anders als in Amerika – auch nach ihrem
"ökonomischen
Verfallsdatum" noch in Ehren hält.
Gerne erinnerte er sich an sein erstes Gastspiel am "Deutschen Eck":
"In Koblenz packte uns der Leiter des dortigen Jazzclubs in seinen
Benz und wir besichtigten eine Burg nach der andern. Am Ende aber
landeten
wir dann in seinem Weinkeller und hatten eine gute Zeit!" 2
Doch anders als die großen Virtuosen konnte er sich niemals auf
die Routine seiner Finger verlassen.
In Augenblicken ohne Inspiration blieb von seiner intimen Kunst oft
nur ein sinn- und formloses Gestammel.
Und mit einem labilen Nervenkostüm - entweder sediert mit Heroin
oder hochgepuscht mit Kokain -
verwahrlost – meist mit ebenso schäbigen geliehenen Trompeten
– zog er durch die Clubs und hinterließ an einem Abend ein
verzaubertes
und am nächsten ein konsterniertes Publikum:
"Diesmal ließ er den vollbesetzten Saal mehr als eine Stunde
in der Ungewißheit seines Erscheinens. Schon wurde die
Rückzahlung
des Eintrittsgeldes angekündigt - da traf er doch noch ein.
Wankend,
fast orientierungslos setzte er sich und versuchte vergeblich, `Just
Friends´
zu singen. Er nahm sein Instrument und entrang ihm kaum mehr als ein
paar
Blasgeräusche. Man fühlte sich plötzlich wie ein Voyeur,
der sich an einer menschlichen Tragödie ergötzt, wenn Baker
minutenlang
apathisch zusammengekauert, mit abgewandtem Gesicht da saß,
während
seine Mitspieler verzweifelt auf seinen Einsatz warteten..." 3
Doch seine Exzesse waren nicht die branchenüblich kalkulierten Selbstinszenierungen eines Stars. Es ging ihm zu oft wirklich dreckig.
Dabei verdiente er nicht wenig - aber alles Geld floß umstandslos in seine Venen oder den Tank seines geliebten Alfa Romeo.
Immer wieder zog es ihn - aus
naheliegenden Gründen - nach
Amsterdam
– ins Bahnhofsviertel.
Zuletzt auch im Frühjahr 1988.
Und dort muß er dann - weit nach Mitternacht - mit seiner
Trompete
auf einer Fensterbank im zweiten Stock des Hotels "Prins Hendrik"
gesessen
haben – ehe er ein letztes Mal sein Gleichgewicht verlor.
Geboren wurde er 1929 - einen Tag vor
Heiligabend –
gestorben ist er heute vor 17 Jahren – am Freitag, dem 13. Mai 1988
–
einen Tag nach Himmelfahrt.
Es dauerte 12 Stunden bis seine
Identität feststand.
Für die Polizeibeamten war "Chesney Henry Baker aus Oklahoma",
wie es auf seiner Hotelanmeldung hieß, nur ein weiterer armer
Junkie,
den das Schicksal endlich erlöst hat.
Seine europäischen Freunde wollten
ihn, so wie sie in kannten,
in T-Shirt und Jeans beerdigen – doch seine Mutter verfügte es
anders:
"So kommt mir der Junge nicht nach Hause!"
In Los Angeles hat man ihn dann schließlich zu Grabe getragen.
In einer ziemlich lieb- und würdelosen Zeremonie - aber immerhin
in Anzug und Krawatte!
Als er zwei Wochen vor seinem Tod für Aufnahmen mit der NDR-Bigband nach Hannover kam, da hatten die Proben ohne ihn stattfinden müssen. Der Pförtner hatte dem vermeintlichen Landstreicher den Zutritt zum Funkhaus verwehrt.
Auf der postum erschienenen CD befindet sich auch noch einmal jenes Stück, das ihn berühmt gemacht hatte:
"My Funny Valentine" !
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SWR-Zeitwort
14. März 1980 - Das Zeitmagazin
schreibt: "POPPER sind proper"
(von Lutz Neitzert)
Schon geruchlich unterschied
man sich deutlich von den Gleichaltrigen:
Chanel, Davidoff und
Mentholzigaretten statt Patschouli, Bierfahne
und Gauloises -
und zum ersten Mal parfümierten sich sogar die Jungs.
Exklusiv duftend machte man
sich Feinde - in der linken Szene -
vor allem aber bei den Punks:
(Artless "Mein Bruder ist ein Popper")
Die ersten Exemplare wurden
in den Nobelvierteln Hamburgs gesichtet.
Am 14. März 1980 berichtete das Zeitmagazin
- unter dem Motto "Popper sind proper" - erstmals über eine neue
Teenager-Spezies:
"Samstagabend, halb acht.
Party in Pöseldorf. Modische Grüppchen, die sich konservativ
geben. Nicht
`anti´ wollen sie sein, sondern ganz `in´. Eine Avantgarde
der Angepaßten. Die Popper - ihr Name ist
ein
Gegenbegriff zu Rocker. Mit
einem Auge, das andere ist vom schweren Vorhang einer Tolle
verdeckt, begutachten sie einen von Kopf bis Fuß: Prolo-Probe!
`Immer noch besser als Hasch und Kneipen´, sagt eine
Mutter - und alle drei Wochen sind dann 35 Mark für den
Friseurbesuch des
Sohnes fällig !"
Kurz darauf informierte dann
auch die Bravo ihre jungen Leser über
jene Pöseldorfer Schnösel - als neue
Trendsetter unter der Rubrik "Mode-Tips":
"Wie wird man Popper?
Das oberste Gebot ist: `immer
schön cool bleiben´!
Die Trenchcoats zwei Nummern
zu groß.
Auch Flanell- oder
Kamelhaar-Mäntel sind erlaubt."
Der "Popper Knigge" schließlich, der
stammte aus der Feder der Eimsbütteler Gymnasiastin (und
späteren
TAZ-Redakteurin) Carola Rönneburg.
Eigentlich war die kleine, im
Eigenverlag gedruckte, witzig illustrierte Broschüre gedacht als
eine Schmähschrift
gegen einige hochnäsige Mitschüler. Die aber sahen darin wohl
eher einen Ratgeber
- mit solch einleuchtenden Empfehlungen, wie etwa der, sich zuhause doch einen großen Spiegel ins Zimmer
zu hängen - zur
ständigen Selbstkontrolle
und für die notwendigen, umfangreichen Partyvorbereitungen.
Denn:
"Sehen und Gesehenwerden, sind des Poppers
Glück auf Erden !"
Bald gab es sie auf jedem
Gymnasium - wenn auch zumeist eher am Rande des Schulhofs.
Die Rettung der Tanzschulen und der Jungen
Union sind sie gewesen - aber auch die erste sichtbare
Verkörperung einer neuen, materialistischen und unverhohlen
elitären
Jugendkultur.
Wie ihre englischen
Vorfahren, die Mods der 60er Jahre,
fuhren die Popper auf Motorrollern
der Marke Vespa durch die Gegend oder
- wenn der Geldbeutel des Vaters es erlaubte - im Golf-Cabrio.
Einen eigenen Modestil hatten
sie - aber (im Gegensatz zu allen anderen Jugendsubkulturen) nie einen
eigenen
Musikstil.
Man hörte lieber Pop als Rock
- vor allem aber mußte das Outfit der Musiker akzeptabel sein.
Modebewußte
britische Bands wie "Roxy Music" oder die "Pet Shop Boys"
genügten den Ansprüchen, ebenso ein fönfrisiertes Duo
namens "Modern
Talking" oder auch die Gruppe "Alphaville":
(Alphaville
"Forever young")
Aus Poppern wurden Yuppies.
Und anstatt sich auf Demos
gegen Atomwaffen oder Kernkraftwerke blicken zu lassen, diskutierte die
"Generation Golf" eingehend ihre Karrierepläne, ehe sie
typischerweise ein BWL-Studium
begann, von VW auf BMW umstieg, um anschließend
Unternehmensberater zu werden
oder Investmentbanker.
Ob allerdings nicht so
manchem ehemaligen Popper heute -
beim Blick in sein Depot und in den Dax
und in den Dow - der Angstschweiß ausbricht und
die Erkenntnis reift, daß auch
Geld stinken kann ?!
SWR-"Zeitwort" vom
7.3.05
IN DER DDR GEHT AM 7. MÄRZ
1986 DER RUNDFUNKKANAL
Über eine halbe Million
Besucher – auch viele aus dem westlichen Ausland – waren damals, in
einer
kurzen Phase ideologischen Tauwetters, drei Jahre nach dem Mauerbau,
der
Einladung zu einem Festival nach Berlin gefolgt.
Und unter dem Kürzel "Sonderstudio
DT-64" gab es im staatlichen Hörfunk für die
Veranstaltungsteilnehmer ein
musikalisches Liveprogramm.
Damals, zur Hochzeit der "Beatle-Mania"
also, gestattete die SED zum ersten Mal die Ausstrahlung amerikanischer
und
englischer Popmusik in den Äther der DDR.
Der Erfolg der Sendung war so
groß, daß das Ostberliner Radio hernach dieses Etikett
für ein Teenagermagazin weiter
verwendete.
Allerdings begann man schon
im Jahr darauf - kulturpolitisch zutiefst erschrocken - wieder
zurück zu
rudern.
Auf dem berühmt-berüchtigten
11. Plenum des ZK der SED warnte Erich Honecker, wie gehört, mit
schriller
Stimme vor subversiven Einflüssen und sein Parteivorsitzender,
Walter
Ulbricht, stellte – in gleicher Tonlage
- die rhetorische Frage, ob man denn wirklich "jeden Dreck, der vom
Westen
kommt", übernehmen müsse.
Einsehen mußte man jedoch
längst auch im Zentralkomitee, daß man sich dem
internationalen Zeitgeist
gegenüber eindeutig in der Defensive befand.
Und genau so agierte man:
Die Tanzlehrer im Lande
erhielten den Auftrag, dem dekadenten
"Twist" mit einer volkseigenen Alternative, dem "Lipsi",
entgegenzutreten, eine Jeansmarke mit dem Namen "Genex" stellte man
auf verlorenen Posten gegen "Levis" und "Wrangler" und die
staatlich geförderte "Singebewegung" sollte ein Pendant werden zur
gerade aufblühenden westlichen Liedermacherszene.
Doch all das half am Ende nur
wenig.
Die DDR bekam ebenso ihre
Gammler und Hippies wie die BRD und später dann auch ihre Punker
und ihre
Skinheads.
Am 7. März 1986, ging unter
dem Namen "Jugendradio DT-64" ein musikalisches Vollprogramm auf
Sendung. Eine Fusion des alten "Jugendstudio DT-64" mit "Hallo",
dem Jugendjournal der "Stimme der DDR", die sofort zur Nische werden
sollte für allerlei subkulturelle und oppositionelle
Strömungen - zwischen
Irokesenschnitt und Heavymetal-Mähne:
Man präsentierte regelmäßig
die internationalen Charts, in Servicesendungen übersetzte man auf
Anfrage die
englischen Texte und einen Sendeplatz reservierte man eigens für
die
Raubkopierer am heimischen Cassettenrecorder, denen man ihre kompletten
Wunsch-LPs überspielte.
Und man kümmerte sich vor
allem um randständige Subkulturen.
So sollte nicht, wie Honecker
es einst geargwöhnt hatte, die Beatmusik zum Soundtrack werden
für den Abgesang
der DDR, sondern der Punk.
Und den ersten einschlägigen
Sendeplatz fand dieser neue Sound in der DT-64-Reihe "Parocktikum":
Punkbands mit solch suspekten
Namen wie "Feeling B", "Die Körper der Einfalt", "Expander
des Fortschritts", "Deka Dance", "Kaltfront" oder "Skeptiker"
nutzten – mit einem wenig staatstragenden Repertoire - entschlossen
ihre
Chance.
Neben dem Abspielen von
Undergroundmusiken verstanden sich die Redakteure aber immer auch als
Moderatoren gesellschaftlicher Diskurse.
Und so war es
selbstverständlich, daß schon lange vor dem 9. November 1989
kaum verhohlen die
Ideen des "Neuen Forums" propagiert und tendenziöse Reportagen von
den ersten "Montagsdemonstrationen" gesendet wurden.
In die Schlagzeilen geriet
DT-64 dann noch einmal nach der Wende.
Im Zuge der "Abwicklung"
der Deutschen Demokratischen
Republik stand man vor dem Aus.
Und erst der massenhafte
Protest seiner Hörer – 10.000 etwa gingen 1991 allein in Dresden
auf die
Strasse – rettete den Sender, der schließlich gemäß
Artikel 36 des "Einigungsvertrages"
ins öffentliche-rechtlich System intergiert wurde.
Und so sendet DT-64 seither
(mit dem Namenszusatz "Sputnik" versehen) als Satellitenkanal des Mitteldeutschen
Rundfunks aus dem Orbit.
Mit "Sputnik"
erinnert man übrigens an eine symbolträchtige Episode aus der
Sendergeschichte:
1988 wurde ein gleichnamiges
sowjetisches "Glasnost"-Magazin in der DDR verboten. Ein Vorgang, den
DT-64 damals kommentiert hatte einem Song der Gruppe "Pankow": "Aufruhr
in den Augen"!
Nun, der Aufruhr ist vorbei -
und auch an den Musikanten ist die Zeitenwende nicht spurlos
vorüber gegangen:
aus der Punkcombo "Feeling B" etwa wurde nach der Wiedervereinigung
das brachiale Deutschrock-Orchester "Rammstein"!
SWR-Zeitwort
am 30.4.09
In
der Walpurgisnacht
1988 kommt es in Potsdam zum
größten
Treffen der DDR-Grufti-Szene
Gruftis, Gothics
oder Dark Waver - in einer
entlegeneren, schlecht beleuchteten Ecke der Popwelt tummeln sich seit
Mitte
der 80er Jahre leichenblasse Gestalten, die Edgar Allan Poe, Bram
Stoker oder
Friedrich Nietzsche lesen, dabei düsteren Klängen lauschen
und Stunden vor dem
Spiegel verbringen, ehe sie sich zusammenrotten in alten Ruinen oder
auf Friedhöfen.
Ihr wichtigsten Festival findet alljährlich zu Pfingsten in
Leipzig statt. Das "Wave
Gotik Treffen", dessen Gründer, Michael W. Brunner, schon zu
DDR-Zeiten schwarze Feste veranstaltete.
("Die Nacht ist heut' gewitterschwer. Der Berg
ist voll von Lärm und Licht.
Trommeln schlagen, Funken
fliegen. Alles kreischt aus vollen Lungen.
Eine
neue Mode, die Dark Wave, die schwarze
Welle, war gerade in den Osten
der Republik geschwappt, als Michael w. Brunner
dort ein verfallenes Gemäuer entdeckte:
"Ich
hatte in Potsdam einige Schwarze
getroffen und sie hatten mir das Schloß `Belvedere´
gezeigt. Nicht das berühmte
im Park von Sanssouci, sondern jenes
auf dem Pfingstberg. Der Berg heißt
wirklich so. Spontan entstand die Idee, hier gemeinsam einen
verwunschen-romantischen Abend zu verbringen. Wir haben einige Freunde
angerufen - in Berlin, Halle und Leipzig - einen wunderbaren
Kartoffelsalat
gezaubert, Strickleitern geflochten, mit denen wir die Mauern
übersteigen
wollten und Scheuerlappen in Wachs getränkt - als Fackelersatz..."
Zwar
schaut man dabei ziemlich finster drein aus bleichem Gesicht, aber
eigentlich
ist man ja viel zu traurig, um so richtig böse zu sein.
In
der DDR war realsozialistisches Improvisationstalent gefragt, wenn man
sich als
bekennender Grufti eine standesgemäße
Ausstattung besorgen wollte. Dunkle Gewänder, Silberschmuck und
auch den Kajalstift für den Trauerrand um die
lebensmüden Augen gab es höchstens auf dem Schwarzmarkt.
Zum Haarefärben verwendete man ein Fußdesinfektionsmittel
und auch Drogen waren
Mangelware. Man schnüffelte Fleckentferner oder mißbrauchte
Schmerztabletten -
der Marke Faustan:
"Die
gab es leider nur auf Rezept und mußten den Migräne-Müttern
geklaut werden...!"
...erinnert
sich Brunner.
Dennoch
stylte sich die Szene ziemlich perfekt nach westlichem Vorbild - und
bald gab
es auch die ersten einschlägigen Bands.
Subway
to Sally etwa - oder Rosengarten:
ROSENGARTEN: "Sein Schein"
("...Nacht für Nacht starr ich schwitzend auf's
Fenster - Visionen aus Stahl hämmern tief in mir. Sehe bleiche
Gesichter in
schwarzen Gewändern - mir schießt durch den Kopf: ` Die
wollen zu Dir !´...")
Unterwegs
hat dann die Polizei zugegriffen. Einige wurden auf den Bahnhof
gefahren und in
einen Zug gesetzt. Andere landeten in Untersuchungshaft. Es kamen aber
immer
mehr dazu und wir gingen einfach weiter friedlich spazieren..."
Allerdings nicht für Gruftis, sondern als
fröhliches
Familienfest - mit der eher putzigen Oberhexe Bibi
Blocksberg!
("Wenn der Sturm Dir ins Gesicht bläst und der
Frust Dir den Atem nimmt - komm doch! ")
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Weitere "ZEITWORTE":
(Alle
Manuskripte
der Sendungen ab 1997 auf Anfrage per E-Mail)
"Raumpatrouille - Orion"
(17.9.10)
"Joy Fleming nimmt ihren `Neckarbrückenblues´
auf" (29.6.10)
"Waltzing Matilda"
(6.4.10 + 6.4.19)
"Der Haar(netz)erlaß
in der Bundeswehr"
(5.2.10)
"Ein Herz und eine Seele" (15.1.10)
"Monty Python's Spam-Sketch"
(15.12.09)
"Der Grubenhund" (17.11.09)
"All Blacks on Top 10"
(9.10.09)
"Die ersten TV-Lacher
aus der Konserve" (9.9.09)
"Brian Eno komponiert die Windows
95-Erkennungsmelodie" (15.8.09)
"Der DFB führt 1933 den Hitlergruß
vor
Fussballspielen ein" (7.8.09)
"Uruguay gewinnt das olympische Fussballturnier 1924"
(9.6.09)
"Walpurgisnacht in Potsdam
- Grufties in der DDR"
(30.4.09)
"Die Popper
kommen" (14.3.09)
"Aus der Broad-
wird die Telecaster" (20.2.09)
"Johnny Cash - Live at
Folsom Prison" (13.1.09)
"(Ton Steine Scherben)
Nikel Pallat's Axthieb" (3.12.08)
"Die Computermaus wird
patentiert" (17.11.08)
"Bernhard Grzimek: Ein Platz
für Tiere" (28.10.08)
"Scott E. Fahlman digitalisiert das Smiley"
(19.9.08)
"Das letzte Konzert von Ton
Steine Scherben" (6.3.08)
"Der `Blusen-Skandal´ bei Wünsch Dir was"
(7.11.05)
"Eric Clapton's Layla" (9.9.05)
"Ein Mord in der norwegischen Blackmetal-Szene" (10.8.05)
"Ravi Shankar in Monterey" (16.6.05)
"Chet Baker stirbt" (13.5.05)
"Blixa Bargeld kocht in Bio's Alfredissimo ein Tintenfischrisotto"
(23.4.05)
"DDR Jugendradio DT-64" (7.3.05)
"CONCERT FOR BANGLADESH" (9.2.05)
"BEGGAR'S OPERA" (29.1.05)
"The Who & My Generation" (13.10.04)
"Krzysztof Komeda" (23.4.04)
"Cannonball Adderley & Joe Zawinul: Aufnahme des Titels Mercy,
Mercy, Mercy" (20.10.03)
"Erstes Konzert von FLEETWOOD MAC" (12.8.03)
"Erster WDR-Rockpalast" (23.7.03)
"Erster Auftritt der TOTEN HOSEN" (29.4.03)
"NORDRACH (Jürgen Winter) vs STILL GOT THE BLUES (Gary
Moore)"
(29.3.03)
"FEHLFARBEN" (25.2.03)
"TODESSTRAFE IN DEN USA" (13.3.02)
"MILES DAVIS FAHRSTUHL ZUM SCHAFOTT" (4.12.01)
"YES" (26.11.01)
"ARCHIE SHEPP" (12.10.01)
"DIE ERSTEN BERLINER JAZZTAGE 1964" (27.9.01)
"DER WELTREKLAME-KONGRESS 1929" (15.8.01 + 07)
"DAS ENDE DER PERRY LANE" (21.7.01)
"HEROIN WIRD PATENTIERT" (26.6.01)
"DAS SGT.PEPPER'S-COVER" (26.5.01)
"HAILE SELASSIE BESUCHT (REGGAE-)JAMAIKA" (21.4.01)
"WILDFÜTTERUNG LIVE! Ein Fernsehhit der 50er" (24.3.01)
"BUDDY HOLLY stirbt - The Day the
Music died" (3.2.01)
"WOLFGANG NEUSS VERRÄT DEN HALSTUCHMÖRDER" (16.1.01)
"JIM MORRISON / DOORS" (9.12.00)
"EINFÜHRUNG DER MAZ IM FERNSEHEN" (30.11.00)
"ALLEN GINSBERGs 'Howl' " (13.10.00)
"BELA LUGOSI (is dead)" (16.9.00)
"CHAOSTAGE DER PUNKS" (7.8.00)
"DAS ERSTE FARBFERNSEHPROGRAMM" (7.7.00)
"FILLMORE EAST" (27.6.00)
"CLEMENS WILMENROD - Der erste TV-Koch" (16.5.00)
"UNSER DORF SOLL SCHÖNER WERDEN" (15.4.00)
"DIE ERSTE DEUTSCHE TALKSHOW" (4.3.00)
"DAS MAGAZIN 'JAZZ-HOT'" (21.2.00)
"ZUM ERSTEN MAL 'PLAYBACK' IM DEUTSCHEN FERNSEHEN" (4.1.00)
"CREAM - Letztes Konzert" (26.11.99)
"GORDON WASSON - Der Banker und die Zauberpilze" (23.12.99)
"Die erste FOTOKOPIE" (22.10.99)
"MEZZ MEZZROW" (5.8.99)
"DER GOLDENE SCHUSS" (15.7.99)
"DER FLOHWALZER" (24.4.99)
"FLOYD'S GUITAR BLUES" (16.3.99)
"ERSTE GOLDENE SCHALLPLATTE (AN G.MILLER)" (10.2.99)
"MILES DAVIS' BIRTH OF THE COOL"
(21.1.99) + (21.1.05)
+ (21.1.10)
"WEMBER'S FILM WIE INFORMIERT DAS
FERNSEHEN" (11.12.98)
"B.B.KING" (21.11.98)
"JAZZVERBOT IM III. REICH" (12.10.98)
"FESTIVAL AUF FEHMARN 1970" (5.9.98)
"STANLEY JORDAN" (31.7.98)
"YELLOW SUBMARINE" (17.7.98)
"ERSTE FOLGE VON DALLAS"
(30.6.98) (Wdh. 21.9.01 in SWR I)
"JOHANN SCHRAMMEL UND DIE SCHRAMMEL-MUSIK"
(22.5.98)
"JOHNNY WINTER" (23.2.98)
"KLAUS HEUSER/BAP" (27.1.98)
"ROLLING STONES IN ALTAMONT"
(6.12.97)
"ERSTES KONZERT DER SEX PISTOLS"
(6.11.97)
"ELVIN JONES" (9.9.97)
"LILI MARLEEN" (2.8.97)
"BUSTER BAILEY" (19.7.97)
"DAVID GAHAN/DEPECHE MODE"
(9.5.97)
"GLENN GOULD" (10.4.97)
"LETZTES KONZERT DER SEX PISTOLS"
(14.1.97)
"BILL HALEY IM BERLINER
SPORTPALAST" (26.10.96)
"CARL EINSTEIN'S SCHLIMME
BOTSCHAFT" (31.7.96)
"JOHN COLTRANE" (17.7.96)
"SAM WOODING / ERSTE JAZZBAND IN DEUTSCHLAND" (25.5.96)
"PATENT AUF FENDER'S STRATOCASTER"
(10.4.96)
"ASTOR PIAZZOLLA" (11.3.96)
"EINFÜHRUNG DER 45er-SINGLE" (1.2.96)
"BÖHSE ONKELZ AUF DEM INDEX" (30.8.95)
"ELTON JOHN IN DER UDSSR" (22.5.95)
"BENNY GOODMAN IN DER CARNEGIE
HALL" (16.1.95)
"LETZTES KONZERT DER BEATLES" (29.8.94) (Wdh. 2002)
"MILES DAVIS' BITCHES BREW"
(19.8.94)
"BESSIE SMITH" (15.4.94)